Protest gegen Sparbudget

Ausschreitungen bei Demos in Athen

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Die Polizei ging mit Tränengas gegen die Demonstranten vor.

Aus Protest gegen Massenentlassungen haben am Mittwoch die größten Gewerkschaften Griechenlands umfangreiche Streiks begonnen. Dabei kam es in Athen zu Ausschreitungen. Um die Mittagszeit haben sich in der griechischen Hauptstadt nach Polizeiangaben etwa 10.000 Demonstranten versammelt. Eine Gruppe von rund 300 Links-Autonomen bewarf die Polizei mit Steinen, die Sicherheitskräfte setzten Blendgranaten und Tränengas ein, um die Randalierer auseinander zu treiben. Mehrere Demonstranten wurden festgenommen. Angaben über Verletzte gab es zunächst nicht.

Generalstreik in Athen


Keine Flüge...
Im Flugverkehr ging seit Mitternacht wegen eines Fluglotsenstreiks gar nichts mehr, sämtliche Flüge von und nach Griechenland wurden abgesagt. In Athen wurden nach Angaben einer Flughafensprecherin mehr als 400 Flüge gestrichen. Auch Österreich war betroffen: Flüge der Austrian Airlines von Wien nach Athen bzw. Thessaloniki sowie der griechischen Fluglinie Aegean Airlines fielen aus. Die Fluglotsen wollten ihren Streik um 24.00 Uhr (23.00 MESZ) beenden.

...keine Busse, keine Züge
Auch alle Züge fahren seit Mitternacht nicht. Die Busfahrer in Athen legen zwei dreistündige Arbeitsniederlegungen in der Früh bis 09.00 Uhr und für den Abend ab 21.00 Uhr ein. Taxis und die zwei wichtigsten U-Bahnlinien von Athen fuhren dagegen normal. Ministerien und staatliche Unternehmen sowie Schulen werden ebenfalls für 24 Stunden bestreikt. Ärzte in staatlichen Krankenhäusern behandeln nur dringende Fälle.

Massives Polizeiaufgebot
Um die Mittagszeit versammelten sich in Athen und anderen Städten des Landes zahlreiche Demonstranten. Die Polizei hatte aber aus Angst vor Ausschreitungen seitens autonomer Gruppierungen starke Einheiten im Zentrum Athens zusammengezogen. Im Juni waren bei Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei 100 Menschen verletzt worden.

Die beiden größten Gewerkschaftsverbände des staatlichen und des privaten Sektors hatten zu dem Streik aufgerufen. Die Regierung plant, tausende Staatsbedienstete zunächst in eine Art Arbeitsreserve zu schicken und anschließend zu entlassen. Die Betroffenen sollen zunächst für etwa ein Jahr 60 Prozent ihres bisherigen Einkommens verdienen. Anschließend soll ein unabhängiger Rat entscheiden, wer bleibt und wer gehen muss. Die Regierung spricht von 30.000 Staatsbediensteten.

Zudem sollen in den kommenden Monaten die Griechen den Gürtel noch enger schnallen und weitere 6,5 Milliarden Euro sparen. "Die Regierung soll in die Arbeitsreserve gehen", skandierten die Demonstranten. Für den 19. Oktober ist ein landesweiter Generalstreik geplant.

Schuldensünder Griechenland hängt am Tropf der Geldgeber aus der Eurozone und dem Internationalen Währungsfonds (IWF), die derzeit über die Auszahlung der nächsten Tranche aus dem ersten Hilfspaket für die Hellenen beraten. Die Kredite sind an Bedingungen geknüpft. Das Land hat nach offiziellen Angaben noch Geld bis Mitte November, danach droht die Staatspleite.
 

Minister: "Wirtschaft wird erdrückt"

Der griechische Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis fürchtet wegen der massiven Sparpolitik und ausbleibender neuer Finanzhilfen den wirtschaftlichen Kollaps des Landes. "Wir erleben, wie die echte Wirtschaft langsam erdrückt wird", sagte der Minister der Wochenzeitung "Die Zeit", wie diese am Mittwoch im Voraus berichtete. Er beklagte, dass die Zusagen der Euro-Partnerländer für neue Kredite und neue Instrumente zum Umgang mit Schulden noch nicht in Kraft seien. "Weil das immer noch nicht umgesetzt ist, müssen hier Banken schließen, und das wirkt sich wiederum auf die Unternehmen aus", beklagte er. "Es gibt Exportunternehmen, die zurzeit wahre Wunder vollbringen und trotzdem sterben müssen, weil sie keinen Kredit bekommen."

Kritik an Berichten über angebliche Pleite Griechenlands
Chrysochoidis beklagte immer neue Medienberichte über eine angeblich bevorstehende Pleite des Landes. "Im Moment vergeht kein Tag, an dem nicht irgendwo auf der Welt eine Zeitung schreibt, dass Griechenland bald pleite sein wird", sagte er. Die Folge sei jedes Mal "ein kleines Erdbeben". Dadurch gerate immer wieder der soziale und politische Frieden in Gefahr. Die Lage in Griechenland beschrieb der Minister als "einerseits ziemlich hoffnungslos". Andererseits setze die Regierung darauf, das Überleben des Landes sichern zu können.

Der Minister verteidigte den Kurs, nicht gleich nach den letzten Wahlen den Rotstift drastisch einzusetzen. "Hätten wir gleich zu Anfang noch härter gekürzt, wäre die Nachfrage noch schwächer", gab er zu bedenken. Zudem wäre die Regierung, die in der nationalen Politik mit ihrem Sanierungskurs ziemlich allein dastehe, in erhebliche Probleme geraten.

Expertengruppe prüft
Derzeit prüft eine Expertengruppe aus IWF, EZB und EU-Kommission, ob die Entwicklung in Griechenland trotz vieler negativer Überraschungen die Freigabe einer weiteren Milliardenhilfe rechtfertigt. Von dem Bericht der Gruppe hängt auch ab, ob und wie das zweite Griechenland-Hilfepaket von Euro-Ländern und IWF für das Land letztlich aussehen wird.

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