Syrien-Krieg

Putin droht mit Eskalation

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Starke Worte des Kreml-Chefs: "Alles hat seine Grenzen. Wir könnten reagieren"

Der russische Präsident Wladimir Putin hat den USA vorgeworfen, seine Bemühungen um eine gemeinsame Strategie zur Beendigung des Blutvergießens in Syrien zu hintertreiben. Zugleich drohte er indirekt mit einer weiteren militärischen Eskalation. Sein Land zeige anders als die USA Zurückhaltung. "Aber alles hat seine Grenzen. Wir könnten reagieren", sagte Putin am Donnerstag in Sotschi.

"Eine vereinigte Front zur Zerschlagung des Terrorismus ist nicht zustande gekommen", sagte Putin mit Blick auf die gescheiterten Verhandlungen zwischen den USA und Russland über eine Waffenruhe für Syrien. In Washington habe es Kräfte gegeben, die ihr Bestes gegeben hätten, damit die Vereinbarungen nicht verwirklicht würden.

"Nest von Terroristen"
Putin verteidigte das vom Westen scharf kritisierte russische Vorgehen an der Seite von Machthaber Bashar al-Assad. Russland habe keine andere Option, als das "Nest von Terroristen" in Aleppo zu beseitigen, obwohl es dort auch Zivilisten gebe. Nicht nur dort gebe es aber zivile Opfer. Man müsse um die Opfer solcher Konflikte überall trauern, sagte er mit Hinweis auf getötete Zivilisten beim Kampf gegen die Extremistenmiliz Islamischer Staat (IS) im irakischen Mosul. "Die Glocken sollten für alle unschuldigen Opfer läuten, nicht nur für die in Aleppo."

Mit Blick auf andere Krisen in der Region kündigte der russische Staatschef militärische Zurückhaltung an. Gefragt, ob Russland ähnlich wie in Syrien auch in Libyen oder dem Irak eingreifen wolle, sagte er: "Nein, wir planen dies nirgendwo."

Putin forderte bei der vom Kremlnahen Waldaj-Debattierklub organisierten internationalen Konferenz auch einen Marshall-Plan zum Wiederaufbau des Nahen Ostens. "Die kolossale Zerstörung verlangt die Entwicklung eines langfristigen und komplexen Programms. Wenn Sie so wollen, eine heutige Form eines "Marshall-Plans" für eine Wiederbelebung dieser von Kriegen und Konflikten gequälten Region", sagte der Kreml-Chef.

Auch Fischer bei Konferenz
An der Konferenz nahm auch der frühere Bundespräsident Heinz Fischer teil, der in seinem live im russischen Staatsfernsehen übertragenen Debattenbeitrag für mehr wechselseitiges Verständnis zwischen der EU und Russland aufrief. Aleppo nannte er als Symbol dafür, wie schwierig es sei, Anti-Terror-Kampf und das Bombardieren unschuldiger Zivilisten voneinander zu unterscheiden.

UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon forderte unterdessen "sofortige und unparteiische Ermittlungen" zum Luftangriff auf eine syrische Schule mit 22 getöteten Kindern. Sollte es sich um einen absichtlichen Angriff handeln, "könnte es sich um ein Kriegsverbrechen handeln", erklärte Bans Sprecher Stephane Dujarric am Donnerstag in New York.

Die oppositionsnahe Beobachtungsstelle für Menschenrechte machte russische oder syrische Flugzeuge für die insgesamt sechs Luftangriffe auf die Schule im Dorf Hass verantwortlich. Die Sprecherin des Moskauer Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte hingegen am Donnerstag: "Wir haben nichts zu tun mit dieser furchtbaren Attacke."

Humanitäre Katastrophe
Der russische Generalmajor Igor Konaschenkow erklärte, dass russische und syrische Kampfjets schon seit neun Tagen keine Ziele im Raum Aleppo bombardiert hätten. Dem Moskauer Staatsfernsehen zufolge verteilten russische Helfer etwa 15 Tonnen Lebensmittel in Aleppo.

Dagegen warnte der UNO-Koordinator für Nothilfe in dem Bürgerkriegsland, Jan Egeland, vor einer humanitären Katastrophe. Die Kämpfe würden "immer schlimmer, immer rücksichtsloser", und es seien vermehrt Kinder betroffen, sagte Egeland in Genf. Nach dem gescheiteren Evakuierungsversuch für Aleppo dränge die Zeit. "Wir haben alle versagt. Nicht eine Hilfslieferung konnte in das Gebiet, nicht eine einzige Evakuierung hat geklappt", so Egeland.

Der Präsident des Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Peter Maurer, äußerte bei einem Besuch in Wien die Hoffnung auf baldigen Zugang für Helfer in den eingeschlossenen Osten Aleppos. Derzeit fehle es am Einverständnis der dort operierenden Rebellen, sagte Maurer vor Journalisten. Die Lage sei unübersichtlich, verwies der IKRK-Präsident auf 30 bis 35 verschiedene Rebellengruppen, mehrere regimetreue Armeekorps und andere syrische Behörden.
 

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