Hunderte Verletzte

Randale in Ukraine weiten sich aus

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Regierungschef droht jetzt die Abwahl.

Bei erneuten Protesten in der Ukraine haben Tausende Oppositionsanhänger das Regierungsviertel in Kiew blockiert und Ministerpräsident Nikolai Asarow zum Rücktritt aufgefordert. Hunderte Demonstranten hielten weiter die Gewerkschaftszentrale und das Rathaus der Millionenmetropole besetzt. Beobachter sprachen aber von weniger Demonstranten als am Vortag.

Auch auf dem zentralen Unabhängigkeitsplatz (Majdan) der Hauptstadt protestierten Tausende Janukowitsch-Gegner. Der Präsident habe durch den brutalen Einsatz seiner Sondertruppen gegen Demonstranten den letzten Rückhalt in der Bevölkerung verloren, rief Ex-Innenminister Juri Luzenko von einer Bühne der Menge zu. Auch in weiteren Städten des Landes forderte die Opposition den Rücktritt der Führung, unter anderem wegen ihrer Abkehr von der Europäischen Union zugunsten einer Annäherung an Russland.

Demonstranten errichten Straßensperren in Kiew



Boxweltmeister und Oppositionspolitiker Vitali Klitschko kündigte für diesen Dienstag ein Misstrauensvotum gegen Asarow in Parlament an. "Eure große Zahl und eure Stimmung geben uns Entschlossenheit - wir werden nicht innehalten", sagte Klitschko zu den Demonstranten, die auf dem Maidan Barrikaden und eine Zeltstadt errichtet hatten.

Regierungschef in Bedrängnis
Nach den Massenprotesten droht dem ukrainischen Regierungschef Nikolai Asarow jetzt die Abwahl. Ein Parlamentsausschuss habe den Abgeordneten empfohlen, bei der Sitzung an diesem Dienstag für Asarows Ablösung zu stimmen, teilten Medien am Montag mit.

Asarows Partei der Regionen zeigte sich jedoch zuversichtlich, dass die Regierungsgegner nicht genügend Stimmen für eine Abwahl des Vertrauten von Präsident Viktor Janukowitsch sammeln werden. Dagegen sagte der Oppositionspolitiker Arseni Jazenjuk, die Lösung der politischen Krise führe "nur über vorgezogene Präsidenten- und Parlamentswahlen in der Ukraine".

Barroso lehnt Neuverhandlungen ab
EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso lehnt Neuverhandlungen mit der Ukraine über ein Assoziierungsabkommen ab. Der ukrainische Staatspräsident Viktor Janukowitsch hatte in einem Telefonat Barroso aufgefordert, eine Delegation zu empfangen, um über einige Aspekte des Assoziationsabkommens und ein umfassendes Freihandelsabkommen zu verhandeln.

Barroso erklärte am Montag, es bestehe die Bereitschaft der EU-Kommission, eine solche Delegation zu empfangen. Die Brüsseler Behörde sei bereit, gewisse Aspekte zu diskutieren, "aber nicht die Verhandlungen wieder zu eröffnen".

Janukowitsch habe sich am Montag zudem bereit erklärt, den Polizeieinsatz gegen die Demonstranten zu untersuchen und das Ergebnis öffentlich zu machen. Er reagierte damit auf eine Erklärung Barrosos, der den Einsatz von Gewalt kritisierte.

500.000 Demonstranten
Am Sonntag hatten in der ukrainischen Hauptstadt schätzungsweise bis zu 500.000 Menschen Janukowitschs Rücktritt sowie einen Westkurs ihres Landes gefordert. Am Rande der Kundgebung kam es zu schweren Zusammenstößen von Randalierern mit der Polizei. Der für die Nachbarschaftspolitik zuständige EU-Kommissar Stefan Füle forderte einen sofortigen Dialog für eine friedliche Lösung.

NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen forderte von Regierung und regierungskritischen Demonstranten, auf Gewalt zu verzichten. "Gewalt und Macht sind in einer demokratischen Gesellschaft keine Wege zur Beendigung politischen Streits", heißt es in einer am Sonntagabend in Brüssel veröffentlichten Erklärung. Rasmussen betonte, es sei "das Recht des Volkes, überall seine Ansicht in demokratischer Weise auszudrücken".

Heftige Proteste in Kiew

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.

Tausende protestierten gegen den Stopp des geplanten EU-Assoziierungsabkommens der Ukraine.



Tränengas und Blendgranaten

Sicherheitskräfte setzten am Sonntag massiv Tränengas und Blendgranaten ein. Dabei seien insgesamt mindestens 165 Menschen verletzt worden, darunter auch Journalisten, teilten die Behörden der Ex-Sowjetrepublik mit. Fast 50 Sicherheitskräfte und zahlreiche Protestierer mussten in Kliniken behandelt werden. Mindestens 22 Menschen wurden festgenommen.

Klitschko rief die Menge auf, den Unabhängigkeitsplatz (Majdan) nicht zu räumen. Regierungsgegner errichteten dort eine Zeltstadt - wie bei der prowestlichen Orangenen Revolution 2004 mit der derzeit inhaftierten Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko als Gallionsfigur. Der Chef der rechtspopulistischen Partei Swoboda (Freiheit), Oleg Tjagnibok, kündigte einen landesweiten Generalstreik an.

Runder Tisch angeboten

Parlamentspräsident Wladimir Rybak bot den Fraktionen einen Runden Tisch an. Mitglieder sowohl der Regierung als auch der Opposition sollten den brutalen Polizeieinsatz in der Nacht auf Samstag aufklären, bei dem eine Sondereinheit friedliche EU-Befürworter auf dem Majdan niedergeknüppelt hatte. Das Vorgehen hatte die Proteste noch angeheizt.

Entzündet hatten sich die Demonstrationen daran, dass Präsident Janukowitsch auf dem EU-Gipfel zur Östlichen Partnerschaft die Unterschrift unter ein weitreichendes Abkommen mit der EU verweigert hatte. Zuvor hatte Russland dem Nachbarland mit massiven Handelssanktionen gedroht. Regierungschef Mikola (Mykola) Asarow verteidigte die Entscheidung. Die Ukraine hätte große wirtschaftliche Verluste zu befürchten gehabt, sagte Asarow in Fernsehinterviews.

Auch in zahlreichen anderen Städten gab es Proteste, meist im proeuropäisch geprägten Westen. Im russischsprachigen Süden und Osten der Ukraine hingegen beriefen mehrere Gebietsparlamente für Montag außerordentliche Sitzungen ein. Dabei wollten sie Janukowitsch ihre Unterstützung aussprechen. Die ehemalige Sowjetrepublik ist in der Frage einer EU-Annäherung tief gespalten.

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