Denkzettel

Spaßpartei gewinnt Wahl in Island

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Einen Denkzettel hat der Komiker Gnarr den etablierten Parteien verpasst.

Die "Beste Partei" des Komikers Jon Gnarr hat bei den Regionalwahlen in Island in der Hauptstadt Reykjavik am Samstag den erwarteten Sieg eingefahren. Mit 34,7 Prozent der Stimmen fiel das Ergebnis etwas niedriger aus als in den jüngsten Umfragen. Gnarr und seine vor einigen Monaten als parodistisches Projekt gegründete Partei verwiesen die konservative Unabhängigkeitspartei der amtierenden Bürgermeisterin Hanna Birna Kristjansdottir (33,6 Prozent) auf den zweiten Platz.

Gnarr will Bürgermeister werden
Die "Beste Partei" (Besti Flokkurinn) verfügt im Gemeinderat künftig über sechs von 15 Sitzen, die Konservativen erhalten fünf, die auf nationaler Ebene regierenden Sozialdemokaraten auf drei. Der Koalitionspartner der Sozialdemokraten, die Links-Grünen stellen künftig einen Gemeinderat in der isländischen Hauptstadt. Gnarr erhob noch in der Wahlnacht Anspruch auf das Amt des Bürgermeisters. Er erklärte seine Bereitschaft, mit jeder Partei zusammenarbeiten zu wollen, die daran interessiert sei und vernünftige Vorschläge mache.

Der 43-jährige Gnarr verfügt über eine Reihe renommierter Kandidaten aus der Kultur- und Kleinunternehmerszene. Der Politologe Gunnar Helgi Kristinsson glaubt nicht, dass sich die Konservativen und die Sozialdemokraten und die Konservativen zu einer Großen Rathauskoalition zusammenschließen könnten, um dadurch zu verhindern, dass Gnarr Bürgermeister wird.

Erdrutsch-Sieg
Auch in anderen Gemeinden Islands verteilten die Wähler am Samstag kräftige Denkzettel an die regierenden Parteien. In der Reykjaviker Vorstadtgemeinde Kopavogur fiel nach 20 Jahren die konservativ-rechtsliberale Mehrheit. In der nordisländischen Hafenstadt Akureyri fuhr die konservative Protestpartei "L-Liste" einen Erdrutsch-artigen Sieg ein. Dort verloren die Konservativen 18, die Sozialdemokraten 14 Prozent. In Hafnafjördur verloren die Sozialdemokraten nach acht Jahren die Mehrheit.

Ministerpräsidentin Sigurdardottir bezeichnete die landesweiten Ergebnisse als "Schock" für sämtliche etablierte Parteien. Das Ergebnis werde "große Auswirkungen" auf den künftigen politischen Diskurs in Island haben. Die Regierungschefin meinte außerdem, die Wahlen vom Samstag bedeuteten das Ende des bisherigen Vier-Parteiensystems in Island.

Das Ergebnis der Gemeinderatswahlen galt schon im Vorfeld als Totalabsage an die Politik der etablierten Parteien. Den Konservativen kreiden die Wähler vor allem ihre Verwicklung in den Zusammenbruch des Bankensystems Islands im Herbst 2008 an. Von der im Anschluss daran gewählten Rot-Grünen Koalition von Ministerpräsidentin Johanna Sigurdardottir sind die Isländer ebenfalls enttäuscht. Unter anderem wird ihnen vorgeworfen, sich leichtfertig zur Rückzahlung von durch private Bankmanager verursachte Milliardenschulden im Ausland verpflichtet zu haben.

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