Belagerte Hafenstadt

Syrische Panzer schießen auf Latakia

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Bereits mindestens 29 Tote: Angriffe und Festnahmen auch nördlich von Homs.

Die syrische Armee hat Augenzeugen zufolge den dritten Tag in Folge Wohngebiete in der umzingelten Hafenstadt Latakia beschossen. Panzer hätten sunnitische Viertel angegriffen, berichteten die Augenzeugen am Montag.

"Die Menschen versuchen zu flüchten, aber sie können Latakia nicht verlassen, weil die Stadt umzingelt ist", sagte ein Bewohner der Nachrichtenagentur Reuters. In mehreren Vierteln gingen einem weiteren Augenzeugen zufolge Maschinengewehrsalven nieder.

Die Regierung spiele mit dem Feuer, sagte ein Aktivist. Bald würden die Menschen zu den Waffen greifen, statt sich abschießen oder inhaftieren und demütigen zu lassen. Es gebe aber die Hoffnung, dass der Druck der Straße und der internationalen Gemeinschaft das Regime vorher stürze.

Mindestens 29 Tote in Latakia
Nach Angaben einer Oppositionsgruppe töteten die Soldaten von Präsident Bashar al-Assad am Montag einen 22-jährigen Zivilisten. Damit stieg die Anzahl der Toten seit Beginn der Angriffe auf Latakia auf mindestens 29. Im ganzen Land sollen seit Ausbruch der Proteste im März bis zu 2000 Zivilisten getötet worden sein.

Die Proteste gegen Assad, der den Alawiten angehört, werden vor allem von Sunniten getragen. Der autokratische Präsident hat im muslimischen Fastenmonat Ramadan seine Offensive gegen die Regierungskritiker ausgeweitet, die seit fünf Monaten demokratische Reformen fordern. Latakia ist dabei die vorerst letzte einer Reihe von Städten, in die Assad-treue Soldaten einrückten. In der Hafenstadt verlangten einem Studenten zufolge nach den Abendgebeten täglich rund 20.000 Demonstranten den Rücktritt Assads. Anders als die meisten vornehmlich sunnitisch geprägten Städten gibt es in Latakia jedoch eine größere alawitische Gemeinde.

Beschuss durch Kriegsschiffe
Syrische Panzer waren am Samstag eingerückt, nachdem die Armee Bewohner zufolge einige Viertel vor Monaten abgeriegelt hatte und Stromleitungen kappte. Nach Berichten von Augenzeugen und Menschenrechtsgruppen beschossen am Sonntag auch Kriegsschiffe vom Mittelmeer aus Wohngebiete in der Stadt. Die staatliche Nachrichtenagentur bestritt jedoch, dass Latakia vom Meer aus angegriffen worden sei. Die Berichte aus Syrien können nur schwer überprüft werden, weil die Regierung ausländische Korrespondenten aus dem Land verwiesen hat.

Regierungssoldaten greifen Dörfer an
Soldaten der Regierungen griffen Menschenrechtlern zufolge am Montag auch Dörfer in der Hula-Ebene nördlich von Homs an und nahmen Menschen fest. Alle Zugänge nach Hula würden von Sicherheitskräften bewacht, die in die Luft schießen würden, um Menschen abzuschrecken. Eine weitere syrische Menschenrechtsorganisation berichtete von "zahlreichen Panzern", die am Morgen in Hula eingerückt seien, und von Maschinengewehrfeuer. Mindestens 12.000 sind seit Ausbruch der Revolte inhaftiert worden. Tausende politische Gefangene saßen schon vorher in syrischen Gefängnissen.

Spanien bietet Assad Asyl an
Spanien hat dem syrischen Präsidenten und dessen Familie offenbar politisches Asyl angeboten. Wie die spanische Zeitung "El Pais" am Montag berichtet, schickte Spaniens sozialistischer Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero Anfang Juli seinen politischen Berater Bernardino Leon heimlich nach Damaskus. Der kurz danach zum EU-Sonderbeauftragten für den südlichen Mittelmeerraum ernannte Leon reiste "incognito" und traf sich angeblich mit Assad nahestehenden Personen, um einen Plan für den friedlichen Übergang zu einer neuen Regierung vorzuschlagen. Wie die gewaltsame Niederschlagung der jüngsten Proteste in Syrien zeigt, scheint der heutige EU-Sonderbeauftragte allerdings nicht sehr erfolgreich gewesen zu sein.
 

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