Frankreich

TV-Kandidaten foltern mit Elektroschocks

Teilen

Für falsche Antworten gab es Stromstöße. Medien kritisieren das Experiment.

Teilnehmer von Fernsehshows lassen sich überraschend einfach zu grausamen Handlungen drängen - das soll ein französischer Dokumentarfilm über ein Experiment zeigen. Der umstrittene Film, der am Mittwochabend bei France 2 gesendet werden sollte, zeigt einen Versuch, in dem 80 Teilnehmer einer imaginären Fernsehshow aufgefordert wurden, einem Kandidaten in einem Fragespiel bei falschen Antworten Stromstöße zuzufügen.

Sie konnten ihr Opfer nicht sehen, hörten aber dessen Schmerzensschreie. Was sie nicht wussten: Die Stromstöße waren nicht echt, die Schreie kamen vom Band. Etwa 80 Prozent der Probanden erhöhten gehorsam die Voltzahl, bis das Opfer kein Lebenszeichen mehr von sich gab.

Milgram-Experiment
Der Filmemacher Christophe Nick greift damit auf das berühmte Milgram-Experiment (benannt nach dem US-Wissenschaftler Stanley Milgram) zurück. Milgram hatte unter dem Eindruck der Nazizeit zeigen wollen, dass fast jeder Mensch dazu gebracht werden kann, einer Autorität zu gehorchen anstatt seinem Gewissen zu folgen. Milgram sagte seinen Versuchsteilnehmern, dass sie im Namen der Wissenschaft einem Menschen Stromstöße zufügen sollten. Mehr als 60 Prozent von ihnen gehorchten. Regisseur Nick hingegen wollte demonstrieren, dass selbst eine Fernsehshow Menschen in die Rolle von Folterknechten drängen kann.

Heftige Kritik
Mehrere französische Medien kritisierten den Dokumentarfilmer für seinen Ansatz. Zahlreiche Teilnehmer an dem Experiment hätten ohnehin nicht geglaubt, dass es sich um echte Stromstöße und ein lebendes Opfer handle, schrieb "Liberation". Der Soziologe Gerald Bronner wirft Nick vor, er verfolge eher ideologische als wissenschaftliche Gründe. "Er wollte unbedingt demonstrieren, dass das Fernsehen seine Zuschauer zu Barbaren macht. Es handelt sich um eine Manipulation", sagte er der Zeitung "Le Figaro".

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.