ÖSTERREICH-Reporter

Thailand-Krise: Jetzt droht das Massaker

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Das Ultimatum der Regierung ist zu Ende, die Rothemden stimmen Gesprächen zu. Trotzdem droht ein Sturm der Armee.

Nach tagelangen blutigen Kämpfen zwischen Oppositionellen und der Regierung in Thailand gibt es Hoffnung auf ein Ende der Gewalt. Die sogenannten Rothemden stimmten am Dienstag Gesprächen unter Vermittlung des Senats zu, wie einer ihrer Anführer auf einer Pressekonferenz mitteilte. Damit sollten die Unruhen in der Hauptstadt ein Ende finden, hieß es. Die Gewalt in Bangkok hat seit Donnerstag 37 Menschen das Leben gekostet.

Der Senat hatte am Montag angeboten, zwischen beiden Seiten zu vermitteln, wenn die Kämpfe eingestellt würden. Zuvor war ein weiteres Ultimatum der Regierung an die Opposition abgelaufen, ein besetztes Gebiet im Herzen der Hauptstadt zu räumen. Die schätzungsweise 5.000 Regierungsgegner, die sich in dem mit Barrikaden geschützten Camp aufhalten, zeigten aber wenig Neigung, der Forderung nachzukommen.

Gespenstische Stimmung
Das Ultimatum der Armee an die 5.000 Oppositionellen zum Abzug aus dem besetzten Stadtzentrum ist längst verstrichen. Seitdem kracht es auf den Straßen Bangkoks heftiger denn je. Es kommt zu Schusswechseln und Explosionen. Die Regierungsgegner werfen Molotowcocktails, Reifen werden in Brand gesetzt. Militärhubschrauber werden von den Demonstranten mit selbst gebauten Raketen beschossen.

Fest steht: Die Fronten sind verhärtet, und ein Blutbad droht. Die Rebellen, darunter auch Frauen und Kinder, verschanzen sich seit mehr als 40 Tagen im luxuriösen Geschäftsviertel Ratchaprasong – mitten im Viertel von Banken, Botschaften, Luxushotels. Die Regierung will die Zone, die einer Festung gleicht, jedoch jetzt „so bald wie möglich“ stürmen.

Rebellenführer erschossen – mitten in einem Interview
Doch die Stimmung bei den „Rothemden“ ist mehr als aufgeheizt: Am Donnerstag ist ihr Chef Sawasdipol auf offener Straße während eines Interviews am Kopf angeschossen worden – Montag früh ist er an den Folgen dieser Verletzung gestorben. „Wir gehen hier nicht weg. Notfalls sterben wir“, sagen die Rothemden. Seit Donnerstag sind bei den Ausschreitungen 36 Menschen gestorben, mehr als 300 sind verletzt worden.

Ausnahmezustand ist auf 22 Provinzen ausgeweitet
Ein Ende der Eskalation ist nicht in Sicht: Der Konflikt hat sich nun auf andere Landesteile ausgeweitet. Auch im Norden und Nordosten des Landes setzen Demonstranten aus Solidarität Reifen in Brand. Die Regierung hat den Ausnahmezustand auf 22 Provinzen ausgedehnt, Versammlungen von mehr als fünf Menschen sind verboten.

Das von den „Rothemden“ besetzte Gebiet ist „Free fire zone“. Jede Straße ist mit Barrikaden aus Autoreifen, Bambusstangen, Stacheldraht verrammelt. Stürmt die Armee, müsste sie hier mit Panzern drüberrollen. Was dann passieren würde – niemand wagt, sich dieses Massaker vorzustellen....

ÖSTERREICH trifft Rothemden-Boss: "Wir gehen nicht weg"

Nach dem Tod von Militärchef Khattiya Sawasdipol ist Weng Tojirakarn neuer Chef der Rothemden.
ÖSTERREICH: General „Seh Daeng“ ist tot. Fürchten Sie jetzt um Ihr Leben?
Weng Tojirakarn: Die Armee will mich genauso umbringen wie ihn. Er hat den Fehler gemacht, dass er sich auf offener Straße interviewen hat lassen. Es war ein gezielter Kopfschuss durch Scharfschützen, die hier überall in den Hochhäusern sitzen. Das war gezielter Mord.
ÖSTERREICH: Das Ultimatum ist verstrichen, Sie haben keinen Auszug angeordnet, was jetzt?
Weng: Wir gehen hier nicht weg, verlangen den Armee-Rückzug. Neuwahlen müssen her, wir fordern, dass die jetzige Regierung zurücktritt.
ÖSTERREICH: Ihnen wird vorgeworfen, dass Sie Frauen und Kinder als Schutzschilde verwenden.
Weng: Das sind Lügen. Innerhalb der ‚red city‘ gibt es eine neutrale Zone, in der nicht gekämpft werden darf.
ÖSTERREICH: Wie wollen Sie sich wehren, wenn die Armee stürmt?
Weng: Wir haben Möglichkeiten und wir werden sie auch einsetzen. Ich bitte jedoch die ganze Welt, Druck auf die thailändische Regierung auszuüben, damit es eine friedliche Lösung gibt und zu keinem Sturm kommt. Jeder, der vermitteln will, ist herzlich willkommen.

Interview: Karl Wendl

Die wichtigsten Informationen für Österreicher, die Thailand-Reise planen:

Tausende Österreicher bangen jetzt um ihren Thailand- Urlaub. Was Sie jetzt dringend beachten sollten.

  • Kann ich als Tourist nach Bangkok fahren oder muss ich meine Reise absagen?
    Die österreichische Botschaft hat eine Reisewarnung für die Stadt Bangkok ausgesprochen. Heißt: Vom Urlaub in der Stadt Bangkok wird dringend abgeraten. Peter Launsky-Tieffenthal vom Außenministerium: „Dort herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände.“ Der internationale Flughafen – etwa für die Weitereise zu den Badedestinationen – ist jedoch von der Warnung ausgenommen
  • Muss ich meine Thailand-Reise zu einer Badedestination absagen?
    Nein. Denn außerhalb der Hauptstadt gibt es derzeit keine Probleme. Eine Weiterreise über den Flughafen Bangkok ist im Moment ungefährlich.
  • Was kostet mich das Stornieren meiner Thailand- oder Bangkok-Reise?
    Fast alle Reiseveranstalter bieten derzeit kostenlose Stornierungen für Thailand- und Bangkok-Reisen an, die direkt im Reisebüro durchgeführt werden. „Viele unserer Kunden buchen nun einfach andere Destinationen“, so TUI-Sprecher Josef Peterleithner.
  • Wie gefährlich ist eine Reise nach Bangkok im Sommer?
    Die Lage ist kaum abschätzbar. Touristiker raten: Buchen und im Notfall stornieren.

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