Verkehrsunfall/Strafe

Thailand: Verkehrssünder müssen ins Leichenhaus

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Staat greift auf ungewöhnliche Schock-Erziehungsmaßnahme zurück.

Thailand ist eines der Länder mit der schlimmsten Unfallstatistik weltweit. Vergangenes Jahr starben 24.237 Menschen. Meist ist Alkohol im Spiel. Der Staat greift jetzt dagegen beinhart durch und schickt Verkehrssünder zum Putzen ins Leichenhaus. 7.000 mussten die Besserungsmaßnahme schon über sich ergehen lassen.

Im Sirindhorn-Krankenhaus beginnt das Ganze um 9.00 Uhr, mit einem gemeinsamen Gebet zu Buddha. Um die 40 Leute stehen am Schrein: fast nur Männer, viele wild tätowiert, die meisten zwischen 18 und 25 Jahre alt. Und alle mit gesenktem Blick. Dann geht es, getrennt in drei Gruppen, sofort zu den Toten. Anfangs ist es noch laut. Doch im Kühlraum, wo die Leichen in Metallschränken liegen, redet keiner mehr.

Stattdessen hält der Medizinische Direktor der Klinik, Yolchai Jongjirasiri, eine Moralpredigt. "Ich flehe euch an: Trinkt nie wieder. Ich will nicht, dass ihr so endet wie die Toten hier." Dann muss die Gruppe gemeinsam einen Schwur ablegen. "Schwört ihr, dass ihr das nie wieder tut?", fragt Yolchai, ein inmitten der Sünder und Toten merkwürdig gut gelaunter Mann. Die Antwort im Chor, einmal, zweimal, dreimal: "Nein, das tun wir nie wieder."

Putzen unter Toten
 Damit fängt die Sache aber eigentlich erst an. Die Männer bekommen Kittel, Mundschutz, Handschuhe, Schrubber und Besen. Zunächst muss die Kühlkammer blank poliert werden. Dann geht es in den Autopsieraum - dort, wo die beiden aktuellsten Toten liegen.

 "Wir nennen das die Schocktherapie", sagt einer der Verantwortlichen des Programms, Rayong Vienglor, über die ungewöhnliche Putzkolonne. "Das ist gewiss keine leichte Sache. Aber wir mussten uns einfach etwas Neues einfallen lassen." Ob sich das Programm bewährt, weiß man noch nicht. Noch gibt es keine Statistik, wie viele der ersten Trunkenheitsfahrer rückfällig geworden sind. Frauen sind übrigens kaum darunter.
Offiziell gilt der Putzdienst in der Leichenkammer als gemeinnützige Arbeit. Wer weniger angestellt hat, kommt mit Musikunterricht für Kinder, Betreuung von Behinderten oder Gartenarbeit davon. Meist beträgt die Strafe zwischen zwölf bis 48 Stunden. Nach dem Putzen machen alle den Eindruck, als ob sie die Botschaft verstanden hätten. Die Stimmung ist doch sehr gedrückt.

Schock wirkt

"Das ist das erste Mal, dass ich Tote sehe", erzählt Piyapong Manora, ein 30 Jahre alter Büroangestellter. "Das hat mir echt Angst gemacht, selbst mit der Decke drüber. Mir ist klar geworden, dass nichts im Leben sicher ist." Der Geschäftsmann Thanakorn Jongjamfah (37) meint: "Auf gewisse Weise bin ich jetzt froh, dass ich in die Kontrolle geraten bin, bevor ich jemanden getötet habe." Künftig will er nach einem Abend mit Freunden nicht mehr so leicht ins Auto steigen.

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