Krise

Ukraine: 17 Tote bei Gefechten im Osten

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Laut NATO gibt es erste Anzeichen für einen russischen Truppenrückzug.

Kurz vor den Präsidentschaftswahlen in der Ukraine hat die Armee ihre schwersten Verluste seit Beginn der mehrwöchigen Militäroffensive gegen prorussische Separatisten erlitten. Offiziellen Angaben zufolge wurden am Donnerstag mindestens 17 Regierungssoldaten bei zwei Angriffen im Osten des Landes getötet.

Ministerpräsident Arseni Jazenjuk verlangte eine Krisensitzung des UN-Sicherheitsrats, da Russland "den Konflikt anheizt" und die Wahl am Sonntag zu sabotieren versuche.

Allein bei einem Granaten- und Mörserangriff nahe der Donbass-Stadt Wolnowacha wurden 16 Soldaten getötet, wie das Gesundheitsministerium erklärte. Nach mehreren Tagen relativer Ruhe hatten die Separatisten dort in der Nacht offenbar gezielte und massive Angriffe gegen die Streitkräfte geführt, um ihre Hochburgen zu verteidigen.

Bei einer Rebellenattacke auf einen Militärkonvoi vor der Stadt Rubischne in der Region Lugansk wurde nach Angaben des Verteidigungsministeriums ein weiterer Soldat getötet. Zusammen seien bei beiden Angriffen rund 20 Truppenmitglieder verletzt worden.

Ebenfalls in Lugansk besetzten bewaffnete Milizen vier Kohle-Bergwerke, wie das Energieministerium mitteilte. Die prorussischen Angreifer verlangten demnach die Herausgabe von Sprengstoff.

Russland zweifelt die Legitimität der ukrainischen Präsidentschaftswahlen und des noch zu kürenden Siegers offen an. Schließlich gebe es mit - dem im April gestürzten Staatschef - Viktor Janukowitsch einen "lebenden und rechtmäßigen Staatschef", sagte Außenministeriumssprecher Alexander Lukaschewitsch in Moskau. Bei dem Urnengang am Sonntag gilt der schwerreiche Unternehmer Petro Poroschenko als haushoher Favorit. Jüngsten Umfragen zufolge dürfte er im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit aber verpassen. Somit müsste er am 15. Juni bei einer Stichwahl antreten.

Anders als die prorussischen Gruppen in Lugansk und Donezk will Moskau die Abstimmung in den von Rebellen kontrollierten Gebieten im Osten der Ukraine nach eigener Darstellung nicht verhindern. Kiew wiederum will bis zum Sonntag so viele Gebiete wie möglich wieder unter seine Kontrolle bringen. Zur Absicherung der Wahl - von der sich Kiew und der Westen einen bedeutenden Schritt zur Überwindung der Krise erhoffen - werden 55.000 Polizisten und 20.000 Freiwillige mobilisiert.

Die NATO beobachtete inzwischen "eine begrenzte russische Truppenaktivität" an der Grenze zur Ukraine und wertete dies als möglichen Hinweis auf den Abzug einiger Einheiten. "Ich hoffe, dass dies der Beginn eines vollständigen und tatsächlichen Abzuges ist", sagte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen in der montenegrinischen Hauptstadt Podgorica. Auch der deutsche Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sprach in Berlin von einem "ersten Hinweis" für einen Truppenabzug, dem nun aber auch Belege folgen müssten.

Laut NATO-Oberbefehlshaber Philip Breedlove ist die russische Armeepräsenz in der Grenzregion nach wie vor "sehr groß und in bedrohlicher Position". Nach NATO-Schätzungen waren dort bisher rund 40.000 russische Soldaten im Einsatz.

Das russische Verteidigungsministerium erklärte indes, vier Züge und gut ein Dutzend Flugzeuge hätten bereits Material und Truppen aus der Grenzregion gebracht. Der Kreml hatte zuvor erklärt, mit einem Abzug sollten "günstige Bedingungen" für die Präsidentschaftswahl in der Ukraine geschaffen werden.

Jazenjuk bezeichnete dies am Donnerstag als reinen "Bluff". Selbst nach einem Truppenabzug würden zudem weiterhin "bewaffnete Terroristen" die Ukraine destabilisieren.
 



 

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