Parlamentswahlen

Wahl-Beteiligung in Frankreich extrem gering

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Nicht viele Franzosen wollen beim nächsten Akt der politischen Umwälzung dabei sein.

Mit sehr geringem Andrang in den Wahllokalen hat Frankreich über seine Nationalversammlung abgestimmt. Der neue Staatschef Emmanuel Macron erhofft von der Abstimmung ein Signal für einen Aufbruch und eine klare Mehrheit im Parlament für seine Reformvorhaben. Den traditionellen Regierungsparteien drohen derbe Niederlagen.

Niedrigster Wert der Geschichte

Beim ersten Wahlgang am Sonntag steuerte das Land allerdings auf eine historisch schwache Wahlbeteiligung zu. Gut einen Monat nach der Präsidentenwahl werden die 577 Sitze der ersten Parlamentskammer neu vergeben. Umfragen hatten Macrons Lager deutlich vorn gesehen. Das endgültige Ergebnis wird erst nach dem zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag feststehen.

Bis zum späten Sonntagnachmittag gaben 40,75 Prozent der Wahlberechtigten ihre Stimme ab, wie das Innenministerium bekanntgab. Das war deutlich weniger als vor fünf Jahren. In einer Schätzung für den Sender BFMTV erwartete das Meinungsforschungsinstitut Elabe bis zum Ende des Tages eine Wahlbeteiligung von 49 Prozent. Das wäre der niedrigste Wert für den ersten Wahlgang einer Parlamentswahl in der Geschichte der 1958 gegründeten Fünften Republik.

Macron-Partei führt laut Umfragen

Für den jüngsten französischen Präsidenten aller Zeiten geht es um eine Mehrheit für sein Reformprogramm. Seine Partei La Republique en Marche und ihre Verbündeten lagen in den letzten Umfragen vor der Wahl um die 30 Prozent. Wegen des Mehrheitswahlrechts könnten sie damit laut Meinungsforschern die Marke von 400 Abgeordnetensitzen übertreffen und somit eine klare absolute Mehrheit erringen.

Die Parlamentswahl wäre damit die Fortsetzung einer beispiellosen politischen Umwälzung in Frankreich. Denn Macrons erst vor gut einem Jahr gegründete Partei tritt zum ersten Mal überhaupt bei einer Wahl an. Die bisher die Nationalversammlung dominierenden Sozialisten von Macrons Amtsvorgänger Francois Hollande müssen sich auf einen dramatischen Absturz einstellen. Auch die bürgerliche Rechte steht unter Druck. Über ein halbes Jahrhundert hinweg hatten Sozialisten und bürgerliche Rechte die Geschicke des Landes bestimmt.

Wahl in zwei Runden

Um bereits im ersten Wahlgang gewählt zu werden, brauchen Kandidaten eine absolute Mehrheit in ihrem Wahlkreis. Das schaffen nur die wenigsten. In der zweiten Runde dürfen alle Kandidaten antreten, die mindestens 12,5 Prozent der Stimmen erreicht haben. In der Regel ziehen sich dann aber alle Kandidaten bis auf zwei zurück, insbesondere, wenn es darum geht, einen Sieg der Rechtspopulisten zu verhindern. In der Stichwahl reicht nämlich bereits die einfache Stimmenmehrheit zur Wahl.

Die Front National der Rechtspopulistin Marine Le Pen dürfte laut Meinungsforschern ihre Position im Parlament ausbauen. Sie ist bisher nur mit zwei Abgeordneten vertreten. Im Vergleich zur Präsidentenwahl, wo Le Pen es in die Stichwahl gegen Macron geschafft hatte, dürfte die Partei aber nur eine untergeordnete Rolle spielen. Das Mehrheitswahlrecht macht es kleinen Parteien ohne gewichtige Bündnispartner schwer, Sitze zu erobern.

50.000 Polizisten im Einsatz

Mit einer absoluten Mehrheit in der Nationalversammlung hätte Macron großen Spielraum für seine Gesetzespläne, um Frankreichs Wirtschaft in Schwung zu bringen. Eines seiner ersten Vorhaben ist eine umstrittene Lockerung des Arbeitsrechts, die er bereits in den kommenden Monaten durchsetzen will.

Aufgerufen zu der Wahl sind 47 Millionen Franzosen. Um die 577 Abgeordnetenmandate in der Nationalversammlung bewerben sich 7877 Kandidaten, der Frauenanteil liegt bei gut 42 Prozent. Die letzten Wahllokale schließen um 20.00 Uhr, im Anschluss werden erste Hochrechnungen erwartet.

Wegen der Terrorgefahr in Frankreich wurde die Abstimmung von rund 50.000 Polizisten geschützt. Am vergangenen Dienstag hatte ein Ordnungshüter vor der Pariser Kathedrale Notre-Dame nach einem Hammerangriff auf einen Terrorverdächtigen geschossen. Der 40-jährige Angreifer wurde inzwischen in Untersuchungshaft genommen.

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