Hier fehlt doch etwas

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Da staunten einige nicht schlecht, als bei den so wichtigen Brexit-Verhandlungen plötzlich etwas fehlte.

Die EU und Großbritannien haben am Montag die zweite Runde der Brexit-Verhandlungen begonnen. In Brüssel kamen dazu EU-Verhandlungsführer Michel Barnier und der britische Brexit-Minister David Davis zusammen. Ihre Mitarbeiter starteten dann in Arbeitsgruppen mit den Beratungen über Sachfragen wie die künftige Stellung der EU-Bürger in Großbritannien oder die Milliardenforderungen der EU an London.

"Wir werden uns nun in den Kern des Themas vertiefen", sagte Barnier am Vormittag, als er Davis zum Auftakt der bis Donnerstag geplanten Gesprächen begrüßte. Davis sagte, für Großbritannien sei es "ungeheuer wichtig, dass wir gute Fortschritte erzielen". Differenzen müssten identifiziert werden, damit sie ausgeräumt werden könnten. "Es geht jetzt darum, an die Arbeit zu gehen und diese Verhandlungen zu einem Erfolg zu machen."

Fehlt hier nicht etwas?

Aber wachsamen Beobachtern fiel bei einem Blick auf den Verhandlungstisch schnell etwas auf. Stapeln sich auf EU-Seite hunderte Seiten von Akten, so kam der Brite blank. Nicht ein Blatt Papier war auf der britischen Seite des Tisches zu erkennen. Selbst die britischen Medien, wie "The Guardian" oder die "Dailymail" zeigten sich von dem Anblick irritiert.

Vielleicht lag die Abwesenheit von Akten aber auch daran, dass David Davis sich auch schnell wieder verabschiedete. Der Brite verließ Brüssel aber bereits am Vormittag wieder, wie britische Vertreter sagten. Grund seien Termine im Parlament in London. Er wird zum Abschluss der Verhandlungsrunde am Donnerstag in Brüssel zurück erwartet.

Die als angeschlagen geltende britische Premierministerin Theresa May sah sich unterdessen zu einer Warnung an ihr Kabinett veranlasst, keine Brexit-Details an die Presse weiterzugeben. Das Kabinett müsse "in der Lage sein, Gespräche über die Regierungspolitik vertraulich zu führen", sagte ein Sprecher.

Für die Brexit-Verhandlungen wurden drei Arbeitsgruppen gebildet: zur künftigen rechtlichen Stellung von 3,2 Millionen EU-Bürgern in Großbritannien, zu den Finanzforderungen der EU an London sowie zu "anderen Trennungsfragen". Dazu gehört etwa der Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Atomenergiegemeinschaft (EURATOM) oder die Frage, ob Güter, die vor dem Brexit auf den Markt gekommen sind, danach noch verkauft werden dürfen.

Brisante Finanzforderungen

Die Stellung der EU-Bürger in Großbritannien hat Brüssel zur "Top-Priorität" erklärt. Die EU fordert, dass diese nach fünf Jahren ein dauerhaftes Bleiberecht bekommen und Leistungen aus dem Sozial-und Pensionssystem beziehen können. Ein erstes Angebot Mays für eine Art Sonderstatus geht Brüssel nicht weit genug. London will hingegen nicht akzeptieren, dass die EU-Bürger ihre Rechte beim Europäischen Gerichtshof einklagen können.

Als brisant gelten auch die Finanzforderungen an London. Hier verlangt die EU, dass Großbritannien auch finanzielle Verpflichtungen erfüllt, die nach dem Austrittsdatum Ende März 2019 liegen. In Brüssel wird die Gesamtsumme auf 40 bis 100 Milliarden Euro geschätzt. London hat bisher noch nicht einmal grundsätzlich anerkannt, dass es überhaupt zu Zahlungen verpflichtet ist.

Kurz: Britische Verpflichtungen haben Gültigkeit

Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) sagte dazu im Vorfeld eines parallelstattfindenden Treffens der EU-Außenministers, die Verpflichtungen Londons "haben natürlich auch Gültigkeit". Sein britischer Kollege, Boris Johnson, zeigte sich unterdessen "sehr erfreut" über die Verhandlungen: Von Großbritannien liege ein "sehr seriöses Angebot" auf dem Tisch, so Johnson.

Ausgekoppelt wurde schon im Vorfeld die schwierige Nordirland-Frage. Über sie verhandeln parallel Barniers deutsche Stellvertreterin Sabine Weyand sowie Mays Brexit-Berater Oliver Robbins. Nach dem Brexit würde die britische Provinz durch eine EU-Außengrenze vom Nachbarn Irland getrennt. Die irische Regierung befürchtet nicht nur gravierende wirtschaftliche Folgen, sondern auch ein Wiederaufflammen des jahrzehntelangen Nordirland-Konflikts.

Den Auftakt der Verhandlungen hatten beide Seiten mit einem eintägigen Treffen Mitte Juni gemacht. Die EU will mit Großbritannien erst auch über die künftigen Beziehungen wie ein mögliches Handelsabkommen sprechen, wenn es bei wesentliche Austrittsfragen "ausreichende Fortschritte" gibt.
 

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