Syrien

Wieder Massenproteste gegen Assad

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Trotz einer großen Militäroffensive gingen wieder Zehntausende auf die Straße.

Trotz einer massiven Militäroffensive haben in Syrien erneut Zehntausende Bürger gegen die Herrschaft von Präsident Bashar al-Assad demonstriert. Nach Berichten von Menschenrechtsaktivisten und Augenzeugen kam es nach den Freitagsgebeten wieder in mehreren Städten zu Massenprotesten. Dabei sollen Sicherheitskräfte bis zu fünf Menschen in der Stadt Kiswa nahe der Hauptstadt Damaskus erschossen haben. Unterdessen ebbt der Flüchtlingsstrom in die Türkei nicht ab. Die EU verschärfte zudem ihre Sanktionen gegen die syrische Führung und verhängte dabei auch Strafmaßnahmen gegen drei ranghohe Mitglieder der iranischen Revolutionsgarde.

Tausende in Damaskus auf der Straße
In einem Vorort von Damaskus seien mehrere Tausend Demonstranten nach dem Mittagsgebet auf die Straße gezogen und hätten in Sprechchören den Rücktritt Assads gefordert, berichtete ein Anwohner der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon. Einige hätten gerufen: "Zeigt der Welt, dass Bashar keine Legitimität mehr hat." Die Parolen waren im Hintergrund zu hören. Da die Behörden fast alle ausländischen Korrespondenten ausgewiesen haben, ist eine Überprüfung der Berichte schwierig.

Auch in den zentral gelegenen Städten Homs und Hama demonstrierten erneut Tausende Regierungskritiker gegen Assad, wie Anwohner berichteten. Auch in Deraa im Süden, wo die Proteste vor drei Monaten ihren Ursprung genommen hatten, seien die Menschen wieder auf die Straße gezogen. Auf Schildern und Plakaten hätten die Demonstranten unter anderem Assads Angebot abgelehnt, mit der Opposition in einen Dialog zu treten und über die Rahmenbedingungen für Reformen zu beraten. Ähnliche Proteste habe es in Städten an der Küste gegeben. Auch im Osten des Landes an der Grenze zum Irak hätten zahlreiche Bürger gegen Assad demonstriert.

Immer mehr flüchten in die Türkei
Die Militäroffensive gegen die Protestbewegung treibt immer mehr Syrer in die Türkei. Wie die türkische Nachrichtenagentur Anadolu Ajansi meldete, flüchteten mehr als 1500 Menschen aus dem Nachbarland auf türkisches Gebiet. Die meisten Neuankömmlinge hätten zunächst auf syrischer Seite in provisorischen Lagern ausgeharrt und seien dann vor der anrückenden Armee geflohen. Die Lager wirkten nach Beobachtungen von Reuters-Journalisten am Freitag verlassen. Nach Angaben der Provinzregierung sind mittlerweile mehr als 11.700 Menschen aus Syrien in die Türkei geflohen.

Das Vorgehen der syrischen Armee gegen die eigene Bevölkerung in der Nordprovinz Idlib löst bereits Spannungen an der Grenze zur Türkei aus. Türkische Grenzsoldaten legten Kampfausrüstung und Helme an, als syrisches Militär an die Grenze vorrückte, berichteten Augenzeugen am Freitag.

Militär jagt Gegner in Grenznähe
Syrische Truppen waren am Donnerstag in den Weiler Khirbet al-Joz vorgestoßen, der nur einige hundert Meter von der Grenze zur Türkei entfernt liegt. Dort hatten Hunderte Syrer unter freiem Himmel gelagert, die durch frühere Razzien der syrischen Sicherheitskräfte aus ihren Städten und Dörfern vertrieben worden waren. Polizei und Geheimdienst im Schlepptau der Armee machen in der Provinz Idlib Jagd auf mutmaßliche Aufständische und Regimegegner.

US-Außenministerin Hillary Clinton warnte angesichts dieser Entwicklungen vor einer Ausweitung der Krise. Die Gefahr potenzieller Grenzzwischenfälle steige, "wenn die syrischen Truppen nicht sofort ihre Angriffe und Provokationen einstellen", sagte Clinton am Donnerstag (Ortszeit) in Washington. "Diese aggressive Aktion wird nur die ohnehin instabile Lage der Flüchtlinge in Syrien weiter verschlimmern."

EU drängt auf UN-Verurteilung
Die Europäische Union dringt angesichts der anhaltenden Gewalt auf eine Verurteilung Syriens durch den UN-Sicherheitsrat. Das Gremium müsse eine "angemessene Antwort" auf die Situation in Syrien geben, heißt es in der Abschlusserklärung des EU-Gipfels, den die 27 Staats- und Regierungschefs in Brüssel verabschiedeten. "Die EU verurteilt in schärfster Weise die anhaltende Unterdrückung sowie die inakzeptable und schockierende Gewalt, mit der das syrische Regime gegen die eigene Bevölkerung vorgeht." Zugleich wird Assad gewarnt, dass die Gewalt zunehmend die Legitimität seiner Herrschaft infrage stelle. Seit März sind nach Darstellung von Bürgerrechtlern 1300 Zivilisten getötet worden.

Die EU veröffentlichte eine Liste mit Namen von Personen und Institutionen, die nun ebenfalls mit Sanktionen belegt werden. Darin werden auch drei hohe Offiziere der iranischen Revolutionsgarden benannt. Sie sollen das Vorgehen der syrischen Führung aktiv unterstützt haben.

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