Taifun “Haiyan”

Schleppende Hilfe für Totenstadt Tacloban

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Der Taifun "Haiyan" ist schon längst das "Katrina" der Philippinen.

Österreich-Reporter Herbert Bauernebel berichtet aus der Katastrophenregion Tacloban.

Plünderungen auf den Philippinen

Am Dienstag plünderten verzweifelte Menschen ein staatliches Warenhaus.

Am Dienstag plünderten verzweifelte Menschen ein staatliches Warenhaus.

Ein Geschäftsmann verteidigt seinen Laden gegen Plünderer.

Soldaten versuchen, die Lage unter Kontrolle zu behalten.

Den Menschen fehlt es an Nahrung, Wasser und Medikamenten.

Hunderttausende sind obdachlos.

Noch immer sind zahlreiche Tote nicht begraben. Die Seuchengefahr im Katastrophengebiet nimmt zu.

Kinder haben in einer Massenunterkunft Zuflucht gefunden.

Ich stand in den Hotel-Ruinen von Khao Lak (Thailand) nach der Asien-Tsunami 2004, inmitten der Trümmerberge von Port-au-Prince (Haiti) nach dem Horror-Beben 2010, zuletzt in den weggespülten Vororten von Sendai (Japan) nach dem Mega-Tsunami 2011.

Doch das erlebte Grauen in dem von Taifun “Haiyan” devastierten Tacloban übertrifft alles, was ich bisher sah. Anderswo gab es mehr Opfer, gorßflächigere Zerstörung oder gar Super-GAUs. Doch nirgendwo wurden Opfer so lange im Stich gelassen wie in der Taifun-Todesstadt Tacloban – und die Hauptschuld trägt wohl vor allem die philippinische Regierung.

Selbst fast eine Woche nach der Sturmflut und Windböen bis 300 km/h erlebte ich unbeschreibliche Szenen: Am Straßenrand lagen die Toten, die meisten in schwarzen Säcken, doch viele immer noch notdürftig bedeckt mit Tüchern. Durchkämmt nach Todesopfern wurden dabei nur die Hauptstraßen. Unter den Schutthalden dahinter drang immer intensiverer Leichengestank. In Tacloban gab es tagelang keine Nahrung, kein Wasser, kein Benzin mehr, keinen Strom. Jetzt sperrte erst jetzt sperrten erste Läden auf und drei Tankstellen.

Kein Haus ist unbeschädigt, der Großteil abbruchreif. Zehntausende Taifun-Überlebende hocken unter Wellblechteilen, Schirmen oder Planen, schützen sich notdürftig vor den häufigen Tropengüssen. Die schwüle Hitze gepaart mit dem Leichengestank ist unerträglich. Tacloban ist die Hölle auf Erde. Viele haben Schilder gemalt: “Help Us!”

Es jst längst das “Katrina” der Philippinen.

Die Hilfswelle erreichte das "Ground Zero" der Taifun-Tragödie schockierend schleppend. Ich sah eine Wasserausgabestelle, ein paar Arbeiter, die Sturmmasten aufrichteten, eine Handvoll LKWs, die Leichen einsammelten.

Die Regierung in Manila hat die Bevölkerung nicht ausreichend vor der Tsunami-ähnlichen Sturmflut gewarnt, unternahm nichts, um Überlebende zu finden, versagt jetzt bei der Versorgung der Bevölkerung, spielt die Opferzahlen herunter. Dafür kritisierte die Frau des für die Hilfe zuständigen Innenministers, TV-Kommentatorin Korina Sanchez, CNN-Star Anderson Cooper, der den Horror beklagte. Der wisse nicht, von was er rede, kommentierte Sanchez aus ihrem klimatisierten TV-Studio. “Sie solle sich vor Ort selbst ein Bild machen”, konterte Cooper. Die NYT berichtete, dass Retter des philippinischen Roten Kreuzes in Manila bleiben mussten, da der Platz im Flieger für "Offizielle" benötigt wurde. Als sie in Tacloban ankamen, konnten sie nur mehr nach Toten suchen.

Auch die internationale Hilfswelle rollte zuerst nur schleppend an. Am Flughafen geht es zwar hektisch zu: Helikopter landen, NGOs bauen Zeltlager, Paletten mit Hilfsgütern werden gestapelt. Einige LKWs verteilen Nahrungsmittel. Die Bilder sind herzerwärmend, der Effekt für die Gesamtbevölkerung war anfangs minimal. Immerhin erreichten am Wochenende erste Trupps von NGOs die Notleidenden: Die deutsche I.S.A.R. behandelte in einem Feldlazarett im Ort Palo am ersten Tag 120 Verwundete, "Medicine San Frontiers" errichtete ein "aufblasbares Spital" in Tacloban.

Doch ein wahrer Held ist  Spitalsdirektor Alberto de Leon: Er klammerte sich in seinem gefluteten Haus an den Kühlschrank, trieb zwei Stunden lang knapp unter der Decke. Dann ging er ins Spital,  gruppierte die Station in noch brauchbare Räumen neu. Die Babystation wurde kurzerhand in die Kapelle verlegt. Er betreibt die einzige offene Klinik - ohne Strom, schwindenden Medikamenten und einem Ansturm an Kranken. Im OP operieren Ärzte mit einer einzige Glühbirne. Er ist einer der couragiertes Menschen, den ich jemals traf.

Mehr von unserem US-Korrespondenten Herbert Bauernebel finden Sie hier auf AmerikaReport.com

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