Karl Wendl in Libyen

Bereit zum letzten Gefecht

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ÖSTERREICH-Reporter live dabei. So wollen Rebellen Gaddafi endlich stürzen.

Sie sind jung, hoch motiviert, euphorisch und wollen kämpfen. Es ist Donnerstagmittag, ich bin in einem Ausbildungscamp südlich von Bengasi. Ständig fahren Minibusse vor. Junge Männer in Jeans steigen aus. Sie lachen. Recken das Victory-Zeichen in meine Kamera. Sie wollen an die Front. Beklemmend.

In der Kaserne ein asphaltierter Hof. 600 Burschen treten an. Selbst ein Mann auf Krücken schleppt sich auf den Exerzierplatz. Zuerst werden die Kämpfer registriert. Müssen ihren Namen in ein schäbiges Buch schreiben. Fünf Minuten später werden sie in Gruppen zu 80 Mann eingeteilt: eine Kompanie. Zur Einstimmung schreien sie: „Allahu akbar“ (Gott ist groß). Dann zeigt der Ausbildner, wie eine Kalaschnikow funktioniert: sichern, Magazin anstecken, entsichern, schießen, Patronenhülsen auswerfen, sichern. Nach jedem Schuss Jubel. Auch Mufta Mohammed macht mit. Er ist 18, Student, trägt Zahnspange, hat kaum 60 Kilo: „Wir werden Gaddafi davonjagen“, sagt er. Neben ihm übt Adem Fahdil, 26, ein Krankenpfleger, wie eine Handgranate entsichert wird: „Ich kann nicht zu Hause sitzen und den Krieg im TV erleben. Wir wollen nach Tripolis, Gaddafi wird fallen.“

Ausbildner: „Wir wollen den Kampf“
Ausbildner Eimad Mohammed ist 26. Diente in Gaddafis Armee. Lief über: „Wir haben nur wenig Waffen“, sagt er, „wir wollen aber den Kampf.“ Und Gaddafis Armee? Wie stark ist die? „40.000 Mann, schlecht ausgebildet“, sagt er: „Gaddafi hat Hubschrauber, Raketen, Giftgas und Söldner. Doch das schwere Gerät kann er nicht einsetzen. Die, die es bedienen können, sind übergelaufen.“ Drei Tage brauchen die Rekruten, dann sind sie „reif“ für die Front, die nur 100 Kilometer entfernt ist.

Kein Rückzug von Gaddafi: Er will Land zurückerobern
Mittlerweile herrscht in mehreren Städten Libyens Bürgerkrieg. Gaddafi, gegen den der Strafgerichtshof jetzt offiziell wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit ermittelt, gibt nicht auf. Er setzte am Donnerstag erneut Kampfflugzeuge gegen die Aufständischen ein. Sie bombardierten Stellungen der Rebellen, Munitionsdepots und sogar den Flughafen von Brega. Die Bilanz: 24 Tote und Dutzende Verletzte.

Außerdem wurden massive Truppenverbände aus dem südlichen Sebha an die umkämpfte Küste verlegt. Fällt Brega, sind 90 Prozent der libyschen Ölproduktion in den Händen der Rebellen. Die Gaslieferungen sind gekappt, auch die Produktion ist gestoppt, die Speichertanks sind voll. Die Zahl der Flüchtlinge stieg auf 180.000. Die EU stellt für die Hilfe rund 30 Millionen Euro zur Verfügung. Auch Österreich ist mit einem Paket in der Höhe von 500.000 Euro dabei. Als ich mich aus dem Camp verabschiede, sehe ich Dutzende Einheiten mit Kalaschnikows. Auf einem Truck sitzt Mufta, der Junge mit der Zahnspange: „Wir werden siegen“, schreit er. Ob ich ihn jemals wiedersehe?

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USA prüfen Militärschlag gegen Gaddafi

Das Kampfschiff "USS Kearsarge" wurde vom Roten Meer inach Libyen beordert.

Es wird von zwei weiteren Schiffen begleitet.

Auf dem Schiff ist eine Staffel von Helikoptern stationiert...

.. außerdem verfügt es über medizinische Einrichtungen.

Die "USS Kearsarge" kann so auch für humanitäre Zwecke eingesetzt werden.

Unterdessen versuchen Truppen von Gaddafi, verlorenes Terrain zurückzugewinnen.

Hier fährt die USS Ponce, ein Begleitschiff der US-Marine, durch den Suez-Kanal.

Das Flüchtlings-Hochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) hat an die Weltgemeinschaft appelliert, Hunderte Flugzeuge zur Rettung von Flüchtlingen an der libysch-tunesischen Grenze zu entsenden.

Insgesamt sind 150.000 Flüchtlinge zu versorgen.