Nach Hetzjagd

Druck auf Mügelns Bürgermeister wächst

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Nach der Jagd auf acht Inder in Mügeln wird nun gegen zwölf Verdächtige ermittelt.

Knapp zwei Wochen nach der Hetzjagd auf acht Inder im ostdeutschen Städchen Mügeln ermittelt die Staatsanwaltschaft inzwischen gegen zwölf Tatverdächtige. Die Männer im Alter von 17 bis 35 Jahren stammen aus Mügeln und Umgebung, wie die Behörde am Freitag in Leipzig mitteilte. Nach den bisher vorliegenden Unterlagen sei keiner von ihnen zuvor wegen rechtsextremer Straftaten aufgefallen.

Bisher 125 Zeugen vernommen
Die Polizei hat den Angaben zufolge bisher mehr als 125 Zeugen vernommen. Dazu gehören auch die acht Inder, die bei dem Stadtfest in Mügeln nach einer Prügelei von einem Mob von etwa 50 Menschen verfolgt wurden. Bei der Schlägerei und der anschließenden Hetzjagd waren 14 Menschen verletzt worden, darunter alle acht Inder.

Zentralrat der Juden fordert Rücktritt
Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, hat den Bürgermeister von Mügeln zum Rücktritt aufgefordert. Der FDP-Bürgermeister Gotthard Deuse sei "das Spiegelbild der Gesellschaft, aus der heraus er gewählt wurde", sagte Kramer am Donnerstagabend in dem Fernsehsender N24. Nach der Hetzjagd auf acht Inder in der sächsischen Kleinstadt hatte Deuse in einem Interview mit der Zeitung "Junge Freiheit" über eine Vorverurteilung der Einwohner von Mügeln geklagt. Über die fremdenfeindlichen Rufe in der Tatnacht sagte er: "Solche Parolen können jedem mal über die Lippen kommen."

Zugleich vertrat der Generalsekretär des Zentralrats die Auffassung, dass es in Ostdeutschland "demokratiefreie Zonen" gebe. Der Rechtsstaat könne sich dort nicht mehr bewegen, sagte Kramer. Auf die Frage, ob er nachts in einer kleinen ostdeutschen Stadt spazieren gehen würde, antwortete er: "Ich würde es nicht tun, denn ich bin nicht lebensmüde."

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Wegen eines Interviews in einer rechtsgerichteten Zeitung steht der Bürgermeister von Mügeln im deutschen Bundesland Sachsen, Gotthard Deuse, eineinhalb Wochen nach der Hetzjagd auf acht Inder in seiner Gemeinde weiter unter Kritik. Deuse hatte in der Zeitung "Junge Freiheit" ein rechtsextremistisches Motiv der Mügelner Täter ausgeschlossen und hinzugefügt, er sei "stolz, Deutscher zu sein." Zwar relativierte Deuse die Äußerungen kurze Zeit später, die Rücktrittsforderungen an den FDP-Politiker häuften sich dennoch.

Sogar FDP distanziert sich
Auch die FDP distanzierte sich. Generalsekretär Dirk Niebel sagte dem "Tagesspiegel" (Freitagausgabe), für seine Partei gelte, dass es keinerlei Relativierung von Gewalttaten und ausländerfeindlicher Gesinnung geben dürfe. Das gehöre für alle Demokraten zu den Grundsätzen einer weltoffenen und toleranten Gesellschaft. Deuse sei selbst dafür verantwortlich, was er wem sage.

"Bärendienst für den Osten"
Der stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion im Bundestag, Bodo Ramelow, bezeichnete Deuses Interview in der umstrittenen Zeitung als einen Bärendienst für den Osten, weil es alle in der Diskussion nach den ausländerfeindlichen Zwischenfällen hochgekommenen Vorurteile bestätige. Bei ihm verfestige sich nun der Eindruck, "dass der Bürgermeister in seinem tiefsten Herzen doch ausländerfeindlich ist", wird Ramelow in der "Thüringer Allgemeinen" zitiert. Auch der stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion, Wolfgang Bosbach, sagte, aufrechte Demokraten hielten Abstand zur "Jungen Freiheit".

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Der niedersächsische FDP-Fraktionsvorsitzende Philipp Rösler nannte Deuses Verhalten erschreckend und erklärte, er werde das Thema bei einer FDP-Präsidiumssitzung kommenden Montag zur Sprache bringen. "Diese Form von Verharmlosung entspricht nicht der Geisteshaltung einer liberalen Partei", sagte Rösler dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitagausgabe). Ein Parteiausschluss sei aber kaum realisierbar.

Deuse schließt Rechtsextremismus als Motiv aus
Deuse hatte der wegen ihrer rechten Ausrichtung umstrittenen Zeitung im Hinblick auf das Motiv für die Hetzjagd gesagt: "Rechtsextremismus schließe ich aus." Er hatte hinzugefügt: "Ich zum Beispiel bin stolz, Deutscher zu sein." Deuse hatte bereits zuvor Empörung ausgelöst, in dem er in einem Interview zu den "Ausländer-raus"-Rufe während der Hetzjagd sagte: "Solche Parolen können jedem mal über die Lippen kommen." Zudem hatte er bestritten, dass es in Mügeln Rechtsextremismus gebe.

Der "Leipziger Volkszeitung" sagte Deuse im Anschluss, sein Satz, er sei, stolz, ein Deutscher zu sein, dürfe nicht allein stehen bleiben. Er habe ihn in einem größeren Zusammenhang geäußert: Bei der Weltmeisterschaft im vergangenen Jahr sei deutlich geworden, dass es auch ein anderes Deutschland gebe. "Ich bin überhaupt nicht stolz darauf, was in Mügeln passiert ist, und es gibt nichts zu verharmlosen. Ich bin gegen jede Form von Gewalt und gegen jede Form von Ausländerfeindlichkeit", sagte Deuse.

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