Arctic Sea

Experten vermuten Waffenschmuggel

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Die Crew des Frachters wird nun zu dem Vorfall befragt.

Im mysteriösen Fall des wochenlang verschwundenen Frachters "Arctic Sea" deutet nach Expertenansicht alles auf Waffenschmuggel hin. Die "merkwürdige Geschichte" um das mit Holz beladene Schiff könne eigentlich nur mit illegalem Waffenhandel erklärt werden, sagte der estnische EU-Referent für Piraterie, Tarmo Kõuts, der in Tallinn erscheinenden Zeitung "Postimees". Auch der Leiter des russischen Zentrums für Militärplanungen, Anatoli Zyganok, hält einen Militärtransport für wahrscheinlich. "Ich denke, es geht um Rüstungsgüter", sagte der Oberst der Moskauer Zeitung "Gaseta".

Crew wird verhört
Am Mittwoch gab es erstmals Bilder von den befreiten Seeleuten. Sie zeigen, wie die Männer in einem Boot zwischen einer der kapverdischen Inseln und einem russischen Kriegsschiff transportiert werden, um verhört zu werden.

Russlands NATO-Botschafter Dmitri Rogosin warnte unterdessen vor Spekulationen um das nach offiziellen Angaben mit Holz beladene Schiff. Statt sich Gedanken über eine angeblich geheime Fracht und die Rolle des russischen Militärs in dem Fall zu machen, sollte die internationale Staatengemeinschaft lieber rasch ein Programm gegen die ausufernde Piraterie entwerfen, sagte Rogosin nach Angaben der Agentur Interfax.

Nach Darstellung des estnischen Admirals Kõuts eignen sich Holztransporte am besten für den Schmuggel von Waffen, da etwa Raketen unter den Stämmen gut zu verstecken seien. Laut offiziellen russischen Angaben sollte die mit Holz beladene "Arctic Sea", die Entführer am 24. Juli in der Ostsee in ihre Gewalt gebracht hatten, am 4. August an der algerischen Küste anlegen. Algerien ist ein Großkunde für russische Waffenlieferungen.

Piraten forderten rund 1 Million Euro
Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte am Mittwoch erstmals eine Lösegeldforderung für den Frachter. Die Seeräuber hätten nach ihrem Überfall gedroht, das Schiff zu sprengen, sollte nicht Geld gezahlt werden. Am Vortag hatte die Versicherung der "Arctic Sea" mitgeteilt, dass die Piraten umgerechnet rund eine Million Euro gefordert hätten.

Die Vernehmungen der gefassten Seeräuber und der befreiten Besatzung dauerten an, teilte Moskaus Verteidigungsministerium mit. Nach Angaben der Zeitung "Rossijskaja Gaseta" flog eine russische Regierungsmaschine mit Ermittlern zur kapverdischen Insel Sal. In der Nähe der Insel war die Besatzung in der Nacht zum Montag befreit worden. Die genaue Position des angeblichen Schiffes ist noch immer nicht bekanntgegeben.

"Heiße Ware an Bord?"
Russland hatte mit Kriegsschiffen der Schwarzmeerflotte und laut Medien auch mit im Kampf gegen somalische Piraten erprobten Militärkräften die "Arctic Sea" befreien lassen. Dieser "ungeheure Aufwand der Russen" sei nur damit zu erklären, dass an Bord des Schiffs wohl Waffen geschmuggelt worden sind, sagte Kõuts. Die "heiße Ware" sei bei Kontrollen auf hoher See eigentlich nicht zu entdecken. "Dafür müsste man das Schiff in einen Hafen steuern und den Frachtraum komplett leeren", sagte der estnische Admiral.

Der russische Experte Zyganok führte aus, dass die Besatzung kaum darüber informiert gewesen sein dürfte, welche Fracht noch an Bord war. Angehörige der russischen Seeleute hatten beklagt, dass sie auch Tage nach der Befreiung der "Arctic Sea" noch keinen Kontakt zu ihren Verwandten gehabt hätten. Laut russischen Medien stehen die befreiten Seeleute noch immer unter der Kontrolle des russischen Geheimdienstes.

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