"Judenverfolgung"

Jesuit schockiert mit NS-Vergleich

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Der Missbrauchsskandal an deutschen Jesuiten-Schulen sorgt weiterhin für Unruge.

Im Missbrauchsskandal an deutschen Jesuiten-Schulen hat Pater Eberhard von Gemmingen mit einem Verweis auf die Judenverfolgung vor einem Generalverdacht gegen seinen Orden gewarnt. Der frühere Leiter der deutschsprachigen Redaktion von Radio Vatikan sagte in einem Interview mit der "Heilbronner Stimme" (Samstag): "Es ist fatal, nun den ganzen Orden schlecht zu machen. Ich muss einen Vergleich ziehen: Mit den Juden ist es so losgegangen, dass vielleicht der ein oder andere Jude Unrecht getan hat. Dann aber hat man schlimmerweise alle angeklagt und ausrotten wollen. Man darf nicht von einzelnen Missetaten ausgehen und eine ganze Gruppe verurteilen. Und die Gefahr, dass das passiert, ist groß."

Sexueller Missbrauch
Der 73 Jahre alte von Gemmingen nahm zugleich einen der Patres in Schutz, die sexuellen Missbrauch begangen haben sollen. "Ich stehe zu ihm. Der hat gesündigt, wenn ich das so sagen darf. Leider laufen in Deutschland noch viele andere Sünder rum, auf die niemand mit dem Finger zeigt", sagte von Gemmingen. Es sei aber gut, dass die Fälle aufgedeckt werden. Von Gemmingen war selbst Schüler und Präfekt am Jesuiten-Kolleg in Sankt Blasien im Schwarzwald, in dem es auch Opfer gab. Die Jesuiten in Deutschland und speziell auch in St. Blasien seien "betroffen, erschüttert, traurig, ärgerlich, beschämt".

Früher hat man nach Angaben des 73-Jährigen nur versucht, einen öffentlichen Skandal zu vermeiden, heute gehe man vom Leid der Opfer aus und dürfe Missbrauch von Jugendlichen nicht tolerieren. "Heute darf man ja auch Frauen und Kinder gottlob nicht mehr schlagen. Also man darf nicht nur den Jesuiten vorwerfen, sie hätten früher weggeschaut. Früher haben alle weggeschaut. Man hat das toleriert, schweigend. Ich fürchte, dass noch viele Missbrauchsfälle in kirchlichen und bürgerlichen Schulen auftauchen, wenn es Ankläger gibt."

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