139 Zivilisten tot

Regierung ohne Kontrolle über Mogadischu

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Die Lage in Somalias Haupstadt spitzt sich zu: Es wird ein Blutbad befürchtet.

Bei den seit einer Woche andauernden Kämpfen in der somalischen Hauptstadt Mogadischu sind nach Angaben einer Menschenrechtsorganisationen bisher 139 Zivilisten ums Leben gekommen. Allein in den vergangenen zwei Tagen seien 26 Menschen getötet und knapp 100 weitere verletzt worden, teilte die Organisation "Elman Peace and Human Rights" am Donnerstag mit. Die neue somalische Übergangsregierung (TFG) unter Präsident Sheikh Sharif Sheikh Ahmed verliert immer mehr die Kontrolle über Mogadischu und muss vor radikalen islamistischen Kräften zurückweichen. Neben dem Hafen und dem Flughafen hält die TFG nur noch wenige Straßenzüge, wie Einwohner berichteten.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) zeigte sich in einer in Genf veröffentlichten Erklärung "tief besorgt" über die jüngste Entwicklung. Unter den Toten und Verletzten befänden sich viele Frauen und Kinder. Tausende seien auf der Flucht. Ein Kommandant der regierungstreuen Einheiten, Ahmed Dahir, sagte in Mogadischu, man rechne mit einer unmittelbar bevorstehenden Offensive der "Armee Hizb al-Islam" und der Shabab-Milizen.

Sheikh Hassan Dahir Aweys, Chef der "Armee Hizb al-Islam", forderte seinen früheren Verbündeten Sheikh Ahmed auf, das Präsidentenamt unverzüglich niederzulegen, in das er im Jänner in einem Hotel in Dschibuti "gewählt" worden war, um weiteres Blutvergießen abzuwenden. Die im Ausland eingesetzte TFG bestehe aus "Marionetten"; das somalische Volk werde eine ihm aufgezwungene Führung nicht akzeptieren, sagte Aweys, der früher zusammen mit Ahmed die "Union der Islamischen Gerichte" angeführt hatte. Sheikh Muktar Abdirahman Godane von den Shabab-Milizen rief seinerseits in einer Rundfunkbotschaft zum "heiligen Krieg" gegen die Übergangsregierung auf.

Der UNO-Sonderbeauftragte Ahmedou Ould Abdallah sprach am Sitz der Afrikanischen Union in Addis Abeba von einem erbitterten Machtkampf zwischen den beiden Islamistenführern Aweys und Ahmed.

Aweys war im April nach zweijährigem Exil in Eritrea, wo er zusammen mit Ahmed die "Allianz für die Wiederbefreiung Somalias" gegründet hatte, heimgekehrt, nachdem die äthiopischen Interventionstruppen aus Mogadischu abgezogen waren und der von Äthiopien unterstützte Präsident Abdullahi Yusuf Ahmed politisches Asyl im Jemen erhalten hatte. Ende 2006 war die äthiopische Armee in das Nachbarland einmarschiert. Das ostafrikanische Land ist seit nahezu zwei Jahrzehnten vom Bürgerkrieg zerrissen, die international anerkannte Regierung, an deren Spitze der nunmehr als "moderat" eingestufte Ahmed steht, ist außerstande, das Land zu kontrollieren, und hat die Scharia eingeführt.

Die Übergangsregierung, die sich erst Ende April auf einer Brüsseler internationalen Geberkonferenz mehr als 160 Millionen Euro Wiederaufbauhilfe zur Verfügung stellen ließ, braucht nach Einschätzung der Vereinten Nationen dringend mehr internationale Unterstützung. Ohne Unterstützung von außen drohe das Krisenland "in Anarchie und Hoffnungslosigkeit" zurückzufallen, warnte der Untergeneralsekretär für politische Fragen, Lynn Pascoe, am Mittwoch in einer Debatte im Weltsicherheitsrat in New York.

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