Bulgarien

Schnapsbrenner protestieren gegen EU-Abgabe

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Nach dem EU-Beitritt Bulgariens ist "Rakija" mit einer Steuer belegt: 1,12 Euro je Liter Schnaps.

Für die Bulgaren ist der hausgemachte Schnaps "Rakija" das traditionelle Getränk zu allen Anlässen. Es wird auf dem Lande aus Pflaumen, Weintrauben oder - besonders edel - aus Aprikosen erzeugt. Es gibt kaum einen Städter, der sich den "Hausgemachten" nicht bei Verwandten oder Freunden in der Provinz besorgt. Zum Schrecken aller Kleinerzeuger und Kenner wurde zum EU-Beitritt des Balkanlandes am 1. Jänner das Volksgetränk mit einer Steuer belegt.

"Volk nicht berauben"
Die Empörten haben sich bereits mit ersten Protesten Gehör verschafft. "Ihr sollt das Volk nicht berauben!", schrieben Demonstranten aus Südbulgarien auf ihre Spruchbänder. In dem Dorf Katunzi schütteten sie Dutzende von Litern "Rakija" sowie Weintrauben-Trester und Dung auf den zentralen Platz. "Rakija-Erzeuger wollen Parlamentarier lynchen" und "Fotos von Abgeordneten neben jedem Kessel", titelten Zeitungen in Sofia.

1,12 Euro je Liter
Die Demonstranten wehren sich erbittert gegen Abgabe von 2,20 Lewa (1,12 Euro) für einen Liter. Bei Mengen über 30 Liter müssen sie sogar das Doppelte bezahlen. Damit würde ihr edler Tropfen mit umgerechnet fünf Euro teurer als die industriell abgefüllte Flasche sein. Betroffen seien eine Viertelmillion Weinbauern aus 100 Gemeinden. Sie warfen den Politikern vor, die Interessen der Großerzeuger verteidigt zu haben. Angeprangert wurde Ex-Europaministerin Meglena Kunewa, die jetzt EU-Kommissarin ist.

Proteste weiten sich aus
-Die Proteste greifen auch auf andere Regionen wie Plowdiw, Burgas am Schwarzen Meer und Widin an der Donau über. Denn im benachbarten Griechenland ist die Steuer nach Angaben der bulgarischen Bauern mit 20 Euro pro 100 Liter deutlich niedriger. Die Demonstranten setzten ihren Politikern eine Frist von einem Monat, um die umstrittene Steuer bis 2009 auszusetzen. Sollte mit Brüssel keine Ausnahmeregelung ausgehandelt werden, wollen die aufgebrachten Bauern in die Hauptstadt kommen, um dort ihr Anliegen lautstark zu vertreten.

Ärzte warnen vor Vergiftungen
Die Bulgaren werden die neue Abgabe wohl nicht bezahlen und ihren "Rakija" statt öffentlich im Dorfkessel heimlich in ihren Kellerräumen herstellen, hieß es vor dem EU-Beitritt. Ärzte warnten vor Vergiftungen. Die Aufsicht für die zugelassenen Dorfkessel haben jetzt Zöllner, die an den neuen Binnengrenzen zur EU überflüssig geworden waren. Da nicht an jedem Kessel ein Beamter aufpassen kann, erhielt Finanzminister Plamen Orescharski von Kritikern den Rat, Null-Einnahmen durch die umstrittene Steuer einzuplanen.

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