Deutschland

Streng religiöser Vater gesteht Mord an Sohn

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In Lübeck steht ein christlich-fundamentalistisches Familienoberhaupt vor Gericht, weil es seinen Sohn erstochen hat.

Ein Vater hat am Dienstag in Lübeck vor Gericht gestanden, seinen 22-jährigen Sohn erstochen zu haben. Er habe "ein noch schlimmeres Verbrechen" - nämlich eine Vergewaltigung - verhindern wollen, sagte der 60 Jahre alte Angeklagte. Der Familienvater lebt nach fundamentalistisch-christlichen Grundsätzen. Dazu gehört etwa "kein Sex vor der Ehe" und "wer seine Kinder liebt, der züchtigt sie".

Ehefrau als Nebenklägerin
Die Ehefrau des Angeklagten, die als Nebenklägerin auftritt, hatte im Laufe von 15 Ehejahren zwölf Kinder geboren. Zwei der Sprösslinge waren von zu Hause weggelaufen und hatten Hilfe beim Jugendamt gesucht.

Nach dem Geständnis des Angeklagten hatte der 22-Jährige vor den tödlichen Messerstichen im Oktober 2006 erklärt, er werde eine Zwölfjährige schänden, weil sein Vater ihm keine Jungfrau als Ehefrau zugeführt habe. "Ich dachte, es ist besser, mein Sohn ist tot, als dass er dieses Verbrechen begeht", sagte der Familienvater, ein frühpensionierter Bundesgrenzschutzbeamter aus dem schleswig-holsteinischen Ratzeburg. Bei vorangegangenen Streitigkeiten habe ihn sein Sohn auch geschlagen.

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Ob ihm nicht der Gedanke gekommen sei, dass der junge Mann ihn mit der Ankündigung provozieren und seine strengen Ansichten zu Partnerschaft und Sexualität ins Lächerliche ziehen wollte, fragte der psychiatrische Sachverständige den Angeklagten. "So etwas zieht man nicht ins Lächerliche", antwortete der Mann empört.

Hausgottesdienste und Bibelstunden waren in der Familie üblich, ebenso wie Schläge, wenn die Kinder gegen die Regeln des Vaters verstießen. Der 22-Jährige war Anfang 2006 wegen Selbstmordabsichten drei Monate lang in der Psychiatrie behandelt worden. Als der Vater ihm das Küchenmesser mit der 30 Zentimeter langen Klinge in den Rücken gestoßen hatte, war er noch auf die Straße gelaufen und hatte um Hilfe gerufen, ehe er zusammenbrach. Als ein Notarzt sagte, er wisse nicht, ob er dem jungen Mann noch helfen könne, soll der Vater laut Zeugenaussagen gesagt haben: "Hoffentlich nicht." Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.

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