Katastrophe in Genua

Todes-Brücke: Verzweifelte Suche nach Opfern

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Die Suche nach Überlebenden der Brücken-Katastrophe geht weiter.

Unterstützt durch Bagger und Kräne suchen die Rettungskräfte in Genua weiter nach Verschütteten in den Trümmern der eingestürzten Autobahnbrücke. Bis Donnerstagmorgen wurden keine weiteren Opfer entdeckt: "Letzte Nacht hatten wir kein Glück, wir haben niemanden gefunden", sagte Feuerwehrsprecher Emanuele Gissi. Die Opferzahl lag weiter bei 39 Toten und 16 Verletzten.
 
Die Helfer suchten weiter nach Hohlräumen unter den Trümmern, in denen sich Menschen befinden könnten. Der Polizei liegen noch mehrere Vermisstenmeldungen vor. Spezialisten arbeiteten daran, die Trümmer in große Betonblöcke zu zerschneiden und mit Kränen abzutragen, um Spürhunde in den Schutt schicken zu können. Die Arbeit sei sehr gefährlich, da die Trümmer und auch der noch stehende Rest der Autobahnbrücke instabil seien, betonte Feuerwehrsprecher Gissi.
 

Staatsanwaltschaft besorgt

 
Die Staatsanwaltschaft in Genua befürchtet noch zahlreiche Vermisste unter den Trümmern der am Dienstag eingestürzten Autobahnbrücke. "Es könnte noch zehn bis 20 vermisste Personen geben", sagte der leitende Staatsanwalt Francesco Cozzi laut Ansa am Donnerstag in der italienischen Hafenstadt. Cozzi hatte am Mittwoch die Zahl der Todesopfer auf 42 beziffert, während die Präfektur 39 bestätigte.
 
Die schwierige Suche nach Vermissten war in der Nacht zum Donnerstag unvermindert weitergegangen, wie die Feuerwehr auf Twitter erklärte. Die Einsatzkräfte setzten ihre Arbeit fort. Die Hoffnungen, zwei Tage nach der Katastrophe vom Dienstag noch auf Überlebende zu stoßen, schwinden indes. Während eines Unwetters war ein etwa 100 Meter langer Abschnitt des viel befahrenen Polcevera-Viadukts eingestürzt und hatte zahlreiche Fahrzeuge in die Tiefe gerissen.
 

LKW noch immer am Abgrund

Auf dem stehen gebliebenen Rest der Brücke stand am Donnerstagmorgen weiterhin der inzwischen durch Fotos berühmt gewordene grüne Lkw kurz vor dem Abgrund - mit immer noch laufendem Motor. Sein Fahrer war nach dem Unglück in Panik aus dem Laster gesprungen und davongerannt, ohne den Motor auszustellen. Auch die Scheibenwischer liefen weiterhin, weil es zum Zeitpunkt des Brückeneinsturzes geregnet hatte. Nach Angaben der Spedition hat der Lkw genug getankt, um noch tagelang laufen zu können.
 
Die vierspurige Morandi-Brücke im Westen von Genua war am Dienstag auf einer Länge von mehr als 200 Metern eingestürzt. Lastwagen und Autos stürzten rund 45 Meter in die Tiefe und wurden teils unter Betontrümmern begraben.
 

Ausnahmezustand und Staatstrauer

Die italienische Regierung verhängte am Mittwoch einen zwölfmonatigen Ausnahmezustand in der Hafenstadt. Damit werden unter anderem Hilfen für die mehr als 630 Anrainer erleichtert, die nach dem Einsturz ihre teilweise unter der Brückenkonstruktion liegenden Wohnhäuser verlassen mussten. Auch ein Tag der Staatstrauer ist geplant. Er soll am Tag der Trauerfeier für die Todesopfer stattfinden - laut italienischen Medienberichten voraussichtlich am Samstag.
 
Der Brückeneinsturz betrifft indes auch Autofahrer in der betroffenen Region, die sich auf Staus und lange Wartezeiten einstellen müssen. Die Auswirkungen dürften in den kommenden Wochen noch anhalten. Wie der ÖAMTC berichtet, ist auch die Bahnverbindung Genua - Sestri Levante ist unterbrochen.
 

Druck auf Autobahnbetreiber

Die Aktie der italienischen Infrastruktur-Gruppe Atlantia an der Börse in Mailand ist erneut abgestürzt. Der Kurs brach am Donnerstag um über 24 Prozent ein und lag bei knapp 17,80 Euro. Zuvor war die Aktie des Mutterkonzerns des Autobahnbetreibers Autostrade per l'Italia für knapp eine Stunde vom Handel ausgesetzt worden.
 
Italiens Vize-Ministerpräsident Luigi di Maio hat mit einer Verstaatlichung der Autobahnen gedroht. Wenn die Betreiber der Autobahnen nicht in der Lage seien, ihre Aufgabe richtig zu erfüllen, dann müsse der Staat die Autobahnen übernehmen, sagte di Maio am Donnerstag im Rundfunk.
 
Die Betreiber der Autobahnen hätten mehr in die Sicherheit investieren sollen als sich über die Dividenden Gedanken zu machen, sagte di Maio. Die italienische Regierung machte bereits am Vortag den Autobahn-Betreiber für den Brückeneinsturz verantwortlich und will ihm die Lizenz entziehen. Das Unternehmen habe Milliarden Euro an Maut eingenommen, das Geld aber nicht wie vorgesehen eingesetzt, kritisierte Innenminister Matteo Salvini. Die Firma Autostrade wies den Vorwurf zurück. Die aus den 1960er-Jahren stammende Brücke sei gemäß den gesetzlichen Vorgaben alle drei Monate kontrolliert worden, erklärte das Unternehmen.
 
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