Schleppende Hilfe

Wenig Hoffnung auf Überlebende in Peru

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Eben hat Präsident Garcia hat eine 3-tägige Staatstrauer angeordnet. Nun erschütterte ein heftiges Nachbeben (Stärke 6,0) die Region.

Nach dem Erdbeben in Peru mit mindestens 500 Toten hat sich in den Katastrophengebieten Verzweiflung über die schleppend anlaufende Hilfe breit gemacht. In der Stadt Chincha versammelten sich am Freitag rund 2.000 aufgebrachte Menschen, die vergeblich Auskunft über geplante Hilfslieferungen gefordert hatten. Der peruanische Präsident Alan Garcia sagte bei einem Besuch in Pisco, angesichts der immer noch vielen Verschütteten werde die Zahl der Toten wohl auf mehr als 500 steigen.

Plünderungen
Not und Verzweiflung trieben Überlebende am Freitag dazu, einen Markt zu plündern und Lastwagen mit Hilfsgütern auf der Panamericana, der zentralen Fernstraße in Nord-Süd-Richtung, zu blockieren. Präsident Alam Garcia rief zu Ruhe auf und sagte: "Niemand wird verhungern oder verdursten." In etwa zehn Tagen werde sich die Situation normalisieren. Rund 80.000 Menschen haben nach seinen Angaben Häuser oder Angehörige verloren. Polizeibeamte in der Nähe seien nicht eingeschritten, berichtete ein örtlicher Radiosender. Auch in der Nähe von Ica versuchte eine Menschenmenge, einen Hilfstransport zu plündern.

Perus Staatspräsident Alan Garcia hat zwei Tage nach dem verheerenden Erdbeben den Einsatz von Truppen gegen Plünderer und Räuber angeordnet. Außerdem erwäge er eine Art nächtliche Ausgangssperre, sagte der Staatschef am Freitagabend (Ortszeit) in der fast völlig zerstörten Hafenstadt Pisco. Die Staatsanwaltschaft bezifferte unterdessen in Lima die Zahl der Todesopfer des Erdbebens vom Mittwoch auf bisher 486. Garcia räumte jedoch ein, die Zahl der Toten könne in den nächsten Tagen noch steigen.

Überlebende fühlen sich hilflos
Viele Überlebende fühlten sich hilflos der nächtlichen Kälte von rund zehn Grad und anderen Gefahren ausgesetzt. "Wir haben nur mit einem Auge geschlafen, nicht nur wegen der Nachbeben, sondern auch wegen Diebstählen", berichtete in Ica die obdachlose Adelaida Aquije. Ein Polizist gab an, die Wachen zum Schutz vor Plünderern seien verstärkt worden. Zur Abschreckung hätten sie in die Luft geschossen.

Zwei Tage nach dem schweren Erdbeben haben Soldaten damit begonnen, Aluminiumsärge für die Beisetzung der Toten zu verteilen. Auf dem Friedhof von Pisco schrieb ein Bewohner die Namen von 200 Toten auf Grabsteine. Den ganzen Tag über bestatteten Angehörige ihre Toten.

Pisco am schwersten betroffen
Die Verletzten wurden in Pisco auf einem Basketballfeld behandelt. Das beschädigte Krankenhaus wurde nur noch als Leichenhalle verwendet, wie der zuständige Arzt Jose Renteros mitteilte. Viele Verletzte wurden in die Hauptstadt Lima geflogen. Von 169 Verletzten, die in Pisco behandelt wurden, konnten 30 nicht mehr gerettet werden.

Mit einer Zerstörung von 85 Prozent aller Häuser gehört Pisco zu den am schwersten betroffenen Ortschaften. Insgesamt kamen nach offiziellen Angaben 510 Menschen ums Leben, mindestens 1.500 wurden verletzt.

Nachbeben
Das Epizentrum des Nachbebens vom Freitag lag etwa 145 Kilometer südlich der Hauptstadt Lima. Dabei ist es in der Hauptstadt Lima ersten Erkenntnissen zufolge weder zu Sachschäden noch zu Opfern gekommen. Die US-Erdbebenwarte sprach zunächst von einer Stärke von 6,0 auf der nach oben offenen Richterskala.

Nach der Erdeben-Katastrophe in Peru ist die Hilfe für den Süden des Landes angelaufen. Auch ohne besondere Anforderung habe die internationale Gemeinschaft sofort reagiert, sagte Präsident Garcia bei einem Besuch der weitgehend zerstörten Kleinstadt Pisco. Hier hatte Garcia den Notstand ausgerufen.

Epidemien verhindern
Ein Wettlauf mit der Zeit beginnt. Zum einen sollen so viel wie möglich Überlebende aus den Trümmern geborgen werden, zum anderen soll der Ausbruch von Epidemien verhindert werden. "Wenn die Leichen nicht schnell genug geborgen und korrekt abtransportiert werden, sind Seuchen wahrscheinlich", fürchtet Luis Bromley, Chef des nationalen Gerichtsmedizinischen Instituts, der mit 50 seiner Männer im Einsatz ist.

Die Ärzte arbeiten unter schwersten Bedingungen Seite an Seite mit Feuerwehrmännern, Soldaten, Freiwilligen und Angehörigen des Zivilschutzes und von internationalen Hilfsorganisationen. Die Menschen im Schutt herum, um Überlebende oder unter den Trümmern liegende Leichen zu suchen. Unter den Trümmern dürften noch hunderte Tote liegen.

Lage in Pisco, Chincha und Ica dramatisch
Sorgen bereitet in Pisco vor allem das Schicksal von rund 300 Menschen, über die die Kirche San Clemente wie ein Kartenhaus zusammenbrach. Aus den Trümmern wurden dort bisher nur einige Menschen gerettet und auch relativ wenige Leichen geborgen. "Der Kopf sagt, dass es kaum noch möglich ist, aber wir hoffen auf Wunder, damit wir weitere Überlebende finden", meint ein Feuerwehrmann. Die vorerst letzten Überlebenden wurden in Pisco am Donnerstagabend Ortszeit aus einem Erd-, Geröll- und Holzhaufen gerettet. Bald darauf wurde es jedoch dunkel, und die Sucharbeiten mussten wegen der immer noch fehlenden Stromversorgung deutlich eingeschränkt werden. Nachts wird es außerdem sehr kalt. Familien machen neben platt gedrückten Autos und umgekippten Masten Lagerfeuer.

Zahl der Todesopfer wird noch steigen
"Die Zahl der Todesopfer wird wohl noch erheblich zunehmen", glaubt auch der Bundesabgeordnete Edgard Núñez, selbst von einer schier unglaublichen Familientragödie betroffen. Beim Beben verlor er in Pisco seine Ehefrau, seine Schwiegermutter und drei weitere Angehörige. Sie alle waren unter den Gottesdienstteilnehmern. Zwei weitere Verwandte von Núñez gelten wie Hunderte andere als vermisst. Der Hauptplatz der 60 000-Einwohner-Gemeinde glich laut Medien am Donnerstag einem "Leichenschauhaus unter freiem Himmel". Auch Staatschef Alan García reiste in die Unglücksregion.

Medien berichteten, dass in Pisco, ebenso wie in den zwei anderen am schwersten betroffenen Städten, Chincha und Ica, viele Menschen wie in Trance ziellos umherirren. "Ich habe zwei tote Angehörige aus den Trümmern geborgen, aber andere sind dazu nicht in der Lage, viele verkraften das seelisch nicht", meinte im Fernsehen ein Mann namens Alberto. Martín Tumay, Reporter der Zeitung "El Comercio", berichtet von "Chaos total". "Menschen brechen auf der Straße in Tränen aus, sind völlig hilflos, und ich sehe keinen einzigen Polizisten, der ihnen hilft, den Verkehr und das Leben hier regelt." Es gebe kaum Trinkwasser, Decken und und Lebensmittel.

Luftbrücke
Aus der EU, den USA und von der UNO kamen Zelte, Wasser, Medizin und andere Güter. Die Rettungskräfte richteten eine Luftbrücke ein, weil eine wichtige Straßenverbindung in der Küstenregion unpassierbar ist. In der 120.000-Einwohner-Stadt Ica - das ist die größte Stadt im Katastrophengebiet - ist jedes vierte Haus eingestürzt. Die Verletzten sollen in Krankenhäuser in die etwa 200 Kilometer entfernte Hauptstadt Lima geflogen werden.

Die Behörden riefen die Bevölkerung zu Blutspenden auf. Das Rote Kreuz kündigte an, von Panama aus Flugzeuge mit Zelten, Decken und anderen Hilfsmitteln zu entsenden.

Staatstrauer
Die Zahl der Todesopfer stieg unterdessen auf mindestens 510, 1.600 Menschen sind verletzt. Die Wahrscheinlichkeit, in den Trümmern noch Überlebende zu finden, sinkt stündlich. Die US-Erdbebenwarte korrigierte die Stärke der Erdstöße inzwischen von 7,9 auf 8,0 nach oben. Das Epizentrum lag rund 150 Kilometer südöstlich von Lima. Am Donnerstag kam es zu Nachbeben der Stärke 6,3 am Freitag zu Nachbeben der Stärke 6. Die Regierung in Lima ordnete eine dreitägige Staatstrauer bis Samstag an.

Flucht aus der Haft
In der peruanischen Kleinstadt Chincha flohen 600 Häftlinge aus einem Gefängnis, das bei dem Erdbeben zerstört wurde. Bisher wurden nach Angaben der Justizbehörden erst 29 Gefangene wieder festgenommen.

Peru hat in der Vergangenheit bereits mehrmals verheerende Erdbeben erlebt. Bei einem der schlimmsten Beben weltweit starben 1970 Schätzungen zufolge 50.000 Einwohner des südamerikanischen Landes.

Spenden unter dem Kennwort "Erdbeben Peru" bei der P.S.K. BLZ 60.000: Care Kto. Nr. 1.236.000; Caritas Kto. Nr. 7.700.004; Diakonie Kto. Nr. 23.13.300; Unicef Kto. Nr. 15.16.500; Rotes Kreuz Kennwort "Katastrophenhilfe" PSK 2.354.000

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