"Fliegende Särge"

Wütende Proteste gegen Yemenia

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Für viele Komorer steht fest, dass die jemenitische Fluggesellschaft Schuld am Absturz in den Pazifik trägt.

Wütende Proteste und bittere Anklagen: Für viele Komorer stand sofort fest, wer für den Absturz des Yemenia-Airbus verantwortlich ist - die Fluggesellschaft selbst. Die französische Regierung bestärkte sie darin. Der Unglücks-Airbus habe in Frankreich Landeverbot gehabt, sagte Verkehrs-Staatssekretär Dominique Bussereau im Parlament. Solche Maschinen müsse man auch von internationalen Anschlussflügen ausschließen.

Nach dem Absturz des Air-France-Airbus am 1. Juni im Atlantik war Bussereau bei weitem nicht so forsch aufgetreten. Er warnte vielmehr vor Spekulationen und mahnte, erst die Untersuchungen abzuwarten. Piloten hatten die französische Technik zur Geschwindigkeitsmessung ins Gerede gebracht - und damit von möglichen Pilotenfehlern abgelenkt.

Jetzt lautete Bussereaus Botschaft: Yemenia nutzt "fliegende Särge" für ihre Flüge in den armen Inselstaat Komoren. Selbst die EU wies mit der Forderung, eine weltweite Schwarze Liste unsicherer Airlines aufzustellen, in dieselbe Richtung. Am härtesten war aber "SOS Voyage aux Comores". "Wir haben schon lange mit einem Absturz gerechnet", erklärte die Selbsthilfeorganisation komorischer Passagiere. Yemenias Flugzeuge seien "Papa, wir sind ins Wasser gefallen. Viele Komorer in Frankreich sind wütend auf die Jemeniten, von denen sie sich gedemütigt fühlen.

Doch war die A310-300 wirklich unsicher? Bis zum Dienstag war noch nie ein Flugzeug der Gesellschaft abgestürzt. Und wenn der Airbus wirklich schlecht gewartet war: Führte tatsächlich das zu dem Unglück? Der französische Staatssekretär Alain Joyandet rückte Bussereaus Aussage am Mittwoch zurecht. Es gebe verschiedene Hypothesen bis hin zum Wetter, sagte Joyandet in Moroni. Die Unfallermittler müssten ihre Arbeit machen. Er hoffe, "dass die Flugschreiber die Wahrheit sagen".

Klar ist: Yemenia stand unter Beobachtung, aber nicht auf der Schwarzen Liste der EU. Der Unglücks-Airbus durfte Frankreich nicht mehr anfliegen. "Am 4. Juli 2007 haben wir der Maschine die Nutzung des französischen Luftraums untersagt", erklärte Marie Bertin vom Pariser Amt für Zivilluftfahrt DGAC. Eine Überprüfung der Maschine habe Unregelmäßigkeiten gezeigt.

Wie schlimm waren die Mängel? Der jemenitische Verkehrsminister Chalid al-Wasir sagt, es seien nur Sitze, TV-Schirme und Kopfhörer bemängelt worden, aber keine sicherheitsrelevanten Teile. Ein Airbus-Techniker habe die Unglücksmaschine erst im Mai begutachtet. Auch "SOS Voyage aux Comores" hatte vor dem Absturz vor allem über die ramponierte Kabineneinrichtung geklagt. "Das Flugzeug war technisch gesund", erklärt Yemenia. Alle Mängel seien behoben worden.

Die A310 ist technisch eine Art Ur-Airbus. Mit 51.900 Flugstunden war die 1990 gebaute Maschine aber noch lange nicht am Ende ihrer "Lebenszeit". Der Unglücks-Jet flog angeblich sogar weiter nach Europa. Noch vergangene Woche soll er in Großbritannien gewesen sein.

Zeugenaussagen zufolge brach das Flugzeug in 50 Metern Höhe die Landung ab und drehte zum Meer hin ab. Experten meinen, die Maschine könne Opfer heftiger Scherwinde geworden sein. Vielleicht versuchte der Pilot auch zu wassern, spekuliert Luftfahrtingenieur Vincent Fave. "Das war keine schlecht beleumundete Fluggesellschaft", sagte der Absturzexperte Ronan Hubert der Zeitung "Le Parisien". "Ich neige angesichts des ersten Szenarios zu menschlichem Versagen wie bei 70 Prozent aller Flugzeugunglücke."

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