Referendum

Aus für Minarette in der Schweiz

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Das Endergebnis ist da: 57 Prozent der Schweizer sind für ein Bauverbot. Die Muslime sind voller Wut.

Die Mehrheit der Schweizer will keine Minarette. Überraschend deutlich stimmten sie in einer Volksabstimmung für die anti-islamische Initiative "Gegen den Bau von Minaretten". Die von den Gegnern als verfassungs- und völkerrechtswidrig eingestufte Vorlage wurde mit 57,5 Prozent der Stimmen angenommen. Es wurde auch die erforderliche Mehrheit der 26 Kantone erreicht. Umfragen hatten noch Mitte November eine deutliche Mehrheit für die Gegner der Initiative gezeigt.

Die Initiatoren um die Schweizerische Volkspartei (SVP) hatten auf Plakaten vor einer "schleichenden Islamisierung" der Schweiz gewarnt. Minarette wurden als Symbol eines islamischen Machtanspruchs gewertet. Die Regierung in Bern hatte sich zusammen mit der großen Mehrheit des Parlaments, den Kirchen und Wirtschaftsverbänden gegen den Vorstoß gewandt. Es wurde ein Imageschaden für die bisher als weltoffen und tolerant geltende Schweiz befürchtet, von deren 7,5 Millionen Einwohnern rund 400.000 Muslime sind. Im ganzen Land gibt es vier Minarette.

"Keine Parallelgesellschaft"
SVP-Chef Toni Brunner sagte in einer ersten Reaktion, bei der Volksabstimmung sei es nicht nur um das "pure Verbot" von Minaretten gegangen. "Wir wollen in der Schweiz keine Parallelgesellschaft: Wer von außerhalb kommt, muss sich an unsere Regeln halten", sagte er. "Sehr beeindruckt" vom Votum zeigte sich auch die treibende Kraft hinter der Initiative, SVP-Mandatar Ulrich Schlüer. "Jetzt kann niemand mehr in diesem Land sagen, dass er noch nicht gemerkt hat, dass die Islamisierung ein Problem ist", sagte er am Sonntagabend. Der Politologe Werner Seitz sagte, die politischen Eliten hätten die Stimmung in der Bevölkerung falsch eingeschätzt. Bei der Abstimmung sei es nämlich nicht nur um Minarette gegangen, sondern auch um das "diffuse Tabu-Thema" Verhältnis zum Islam an sich.

Die unterlegenen Gegner der Initiative bemühten sich indes um Schadensbegrenzung. Justizministerin Eveline Widmer-Schlumpf sagte, dass das Votum keine Absage an die Muslime sei, sondern Ausdruck vorhandener Ängste vor islamistisch-fundamentalistischen Strömungen. Die sozialdemokratische Parlamentarierin Bea Heim sagte, dass die Initiative "einen ganz sensiblen Nerv in der Bevölkerung, das Unbehagen, getroffen" habe. Auch die Angst vor einem Jobverlust habe hineingespielt. Der Vorsitzende der Grünen, Ueli Leuenberger, bezeichnete das Resultat als "Faustschlag mitten ins Gesicht der Muslime" und stellte eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg in Aussicht.

Kritik von Amnesty International
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) bezeichnete das Votum als unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, der die Schweiz angehört. Vertreter von Muslimen warfen der Schweizer Politik vor, den Minarett-Gegnern das Feld überlassen zu haben. "Die politischen Parteien haben die Abstimmung nicht ernst genug genommen", sagte Farhad Afshar, Präsident der Koordination islamischer Organisationen Schweiz (KIOS). Dabei sei es um die Verteidigung von Grundrechten wie Minderheitenschutz gegangen. Enttäuscht reagierten auch Migranten-, Gewerkschafts- und Kirchenvertreter. Der Schweizer Arbeitgeberverband warnte vor einem Boykott von Schweizer Produkten in muslimischen Ländern und Jobverlusten.

Strache: "Zeichen gegen radikalen Islamismus"
In Österreich begrüßten FPÖ und BZÖ den Ausgang des Referendums. FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache sagte, die Schweizer hätten "ein klares Zeichen gegen den radikalen Islamismus" gesetzt, das Vorbildwirkung für Österreich habe. BZÖ-Generalsekretär Martin Strutz erklärte, das Schweizer Ergebnis belege "ganz klar, dass in der Bevölkerung Minarette nicht gewünscht sind". Der Kärntner Landeshauptmann Gerhard Dörfler (B) sieht im Schweizer Votum das vor zwei Jahren in seinem Bundesland beschlossene Bauverbot für Minarette bestätigt. Religionsfreiheit dürfe nicht so weit gehen, "dass nicht-christliche Religionsbauwerke (...) errichtet werden", so Dörfler. Mit "Trauer und tiefer Enttäuschung" reagierte dagegen der Integrationsbeauftragte der Islamischen Glaubensgemeinschaft in Österreich, Omar Al-Rawi, auf das Minarettverbot.

Bei der ebenfalls am Sonntag abgehaltenen Volksabstimmung über ein Verbot von Waffenexporten stimmten indes 68,2 Prozent der Schweizer mit Nein. Im Kanton Waadt stimmten 64,35 Prozent der Stimmberechtigten gegen den Bau eines neuen Atomkraftwerks in Mühleberg (Kanton Bern) aus. Das Votum ist allerdings nicht bindend für die Schweizer Regierung.

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