Kein Kompromiss

Belgien schlittert tiefer in Staatskrise

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Der vom König eingesetzte Vermittler zur Regierungsbildung bot seinen Rücktritt an.

In Belgien ist auch ein neuer Vermittlungsvorschlag zur Lösung der monatelangen Staatskrise gescheitert. Der von König Albert II. eingesetzte Vermittler Johan Vande Lanotte bot am Donnerstag den Abbruch seiner Mission an, nachdem vor allem die flämischen Nationalisten um Bart De Wever seinen Vorschlag abgeblockt hatten. Der König nahm sich Bedenkzeit bis zum Montag, wie der Palast am frühen Abend bekanntgab.

Nationalisten lehnten Papier ab
Die Parteien mussten bis zum Mittwoch erklären, ob sie Lanottes Kompromisspapier als Grundlage für Verhandlungen über die notwendige Staatsreform und Regierungsbildung akzeptieren würden. Während die überwiegende Zahl bereit war, sich mit den anderen Gruppen wieder an einen Tisch zu setzen, äußerten die flämische Nationalisten Bedenken.

N-VA-Chef De Wever kündigte "grundsätzliche Anmerkungen" zu dem Arbeitspapier an, bevor eine Entscheidung darüber gefällt werden könnte, ob neue Gespräche überhaupt sinnvoll seien. Der Flame ist derzeit der einflussreichste Politiker Belgiens, weil seine Partei als stärkste Kraft aus der Wahl im vergangenen Juni hervorgegangen war. Er strebt eine allmähliche Abspaltung des niederländisch sprechenden Flandern im Norden von der ärmeren frankophonen Wallonie im Süden an.

Belgien vor Teilung?

"Die Tür zum Chaos ist halboffen", titelte die französischsprachige Zeitung "Le Soir" angesichts der neuen Blockade. Bart De Wever zeigte sich davon unbeeindruckt und erschien am Mittwoch und Donnerstag in einer Quizshow mit dem Titel "Der alleroberklügste Mensch in der Welt". Dabei erkannte er unter anderem zehn Schauspielerinnen mit entblößten Brüsten.

Im vergangenen Frühjahr war die alte Regierung am Sprachenstreit zwischen Flamen und Wallonen zerbrochen. Seit den Neuwahlen im Juni versuchen die Parteien, sich auf eine Staatsreform zu einigen und eine neue Regierung zu bilden. Bisher konnte allerdings keine Einigung über Streitpunkte wie grundlegende institutionelle Reformen oder die Finanzen der Hauptstadt Brüssel erzielt werden.
 

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