Trotz Kritik

EU wird Sanktionen gegen Kuba aufheben

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Laut EU-Kommissarin Ferrero-Waldner will die EU den politischen Wandel in Kuba fördern. Kritik kommt aus den USA.

Die EU hat sich in der Nacht auf Freitag auf die Aufhebung ihrer Sanktionen gegen Kuba verständigt. Das teilte EU-Kommissarin Benita Ferrero-Waldner nach Beratungen mit den Außenministern der 27 Mitgliedstaaten auf dem EU-Gipfel in Brüssel mit. Die Sanktionen waren nach der Festnahme von 75 Dissidenten 2003 verhängt und bereits 2005 ausgesetzt worden. Ihre vollständige Aufhebung, die formal noch durch einen EU-Ratsbeschluss bestätigt werden muss, ist ein Signal an die neue kubanische Regierung unter Raul Castro.

Politischen Wandel Kubas fördern
"Wir wollen den politischen Wandel in Kuba fördern", sagte die österreichische Außenkommissarin. Die Aufhebung der Sanktionen sei allerdings mit einer klaren Aufforderung an Havanna verbunden, die Menschenrechtslage auf der Karibikinsel zu verbessern. Als Beispiel nannte Ferrero-Waldner die Freilassung politischer Gefangener. In einem Jahr will die EU überprüfen, ob die kubanische Regierung diese Anforderungen erfüllt hat, wie eine Sprecherin der slowenischen EU-Ratspräsidentschaft mitteilte.

Für eine solche Revisionsklausel hatten sich unter anderem Deutschland, Tschechien und Schweden stark gemacht. Man wolle die Möglichkeit einer Beeinflussung der politischen Entwicklung nicht vollständig aus der Hand geben, verlautete aus Diplomatenkreisen.

Umfassender Dialog nach Rücktritt Fidels
Raul Castro hatte im Februar endgültig die Macht von seinem älteren Bruder Fidel übernommen. Schon vor rund einem Jahr, als der jüngere Castro bereits kommissarisch die Regierungsgeschäfte führte, hatten die EU-Außenminister ihre Bereitschaft zu einem "umfassenden Dialog" mit der kubanischen Regierung erklärt. Bis dahin liefen die Kontakte zwischen der EU und Kuba trotz der Aussetzung der Sanktionen - es handelt sich nicht um Wirtschaftsmaßnahmen - im Jänner 2005 auf Sparflamme. Kurz nach der endgültigen Machtübernahme Raul Castros reiste im März dieses Jahres EU-Entwicklungshilfekommissar Louis Michel nach Kuba.

Die US-Regierung reagierte kritisch auf die Entscheidung der EU-Staaten. "Wir haben nur einige sehr kleine kosmetische Änderungen durch das Regime gesehen", sagte Außenamtssprecher Tom Casey in Washington. "Wir sehen keinerlei fundamentalen Bruch" gegenüber dem Kommunismus, wie er unter Fidel Castro praktiziert worden sei. Die Verbündeten sollten von Schritten absehen, die der Führung in Havanna "zusätzliche Legitimation" geben könnten, sagte Casey.

Heuchlerische Entscheidung?
Kritik und Sorge äußerte auch die kubanische Opposition. Die Entscheidung sei bestimmt von "wirtschaftlichen Interessen und heuchlerisch", sagten Dissidenten am Donnerstagabend (Ortszeit). "Dies bestätigt einmal mehr, dass die EU trotz ehrenvoller Ausnahmen mit ihrer heuchlerischen Politik fortfährt, die nur von Wirtschaftsinteressen bestimmt wird, und nicht darauf abzielt, dass Kuba in den Kreis der demokratischen Länder der Welt eintritt", sagte Vladimiro Roca von der Sozialdemokratischen Partei.

Der Ökonom Oscar Espinosa, einer der 75 Dissidenten, wegen deren Verhaftung 2003 die EU die Sanktionen beschlossen hatte, sagte: "Es ist besorgniserregend, denn die Aufhebung ohne Gegenleistung kann sehr negative Auswirkungen im Inneren Kubas haben." Vor allem die "harten Sektoren" der Regierung könnten das als Signal verstehen, es lohne sich, unnachgiebig und unversöhnlich zu bleiben."

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