Referendum

Ecuadorianer billigten linke Verfassung

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Die Wähler stimmten für die neue Verfassung, sie bringt dem Präsidenten mehr Macht.

Die Wähler in Ecuador haben ersten Ergebnissen zufolge mit großer Mehrheit einer neuen Verfassung zugestimmt, die dem linksgerichteten Präsidenten Rafael Correa mehr Machtbefugnisse einräumt. Laut einer Schnellzählung der unabhängigen Gruppe "Bürgerbeteiligung" stimmten 63 Prozent dem neuen Grundgesetz zu, das u.a. Correa zwei weitere Amtszeiten ermöglicht und Eigentum eine soziale Verpflichtung zuschreibt. Das Land rückt damit noch näher an Venezuela und Bolivien, wo im Bemühen um mehr soziale Gerechtigkeit ebenfalls auf mehr Staat, eine größere Kontrolle der Wirtschaft und eine Erhöhung der Sozialausgaben gesetzt wird.

Noch bevor offizielle Ergebnisse veröffentlicht wurden, sondern nur auf Wählerbefragungen basierende Hochrechnungen erklärte sich Correa in seiner Heimatstadt Guayaquil zum Sieger des Referendums. "Dies ist ein überwältigender Triumph für das ecuadorianische Volk und das Ende dieser unheilvollen neoliberalen Zeit", sagte der Präsident. "Heute hat Ecuador entschieden, ein neues Land sein zu wollen und die alten Strukturen besiegt", betonte Correa vor Anhängern. Die neue Verfassung legt nach seinen Worten die Grundlagen für eine "Bürgerrevolution", die in einen "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" münden soll.

Scharfe Kritik an großen Vollmachten
Vorwürfe seiner Kritiker aus den Reihen der konservativen Opposition, er habe zu große Vollmachten und strebe mit der neuen Verfassung mehr Kontrolle über die Wirtschaft, Justiz und das Parlament an, wies er zurück. Er forderte diejenigen Gegner, "die aus ideologischen Gründen und nicht aus perversen Eigeninteressen" gegen die Verfassung stimmten auf, die Erneuerung Ecuadors mit "würdiger und kritischer Opposition" zu begleiten. Die neue Verfassung werde einen schnellen und tiefgreifenden Wandel zugunsten der hart arbeitenden Mehrheit bewirken, versprach Correa. Sie werde ihm helfen, eine politische Klasse zu beseitigen, welche die Anden-Nation zu einem der korruptesten Staaten der Welt gemacht habe.

Correas schärfster Widersacher, der Bürgermeister von Guayaquil, Jaime Nebot, hob hervor, dass den Prognosen zufolge in seiner Stadt das Nein zur neuen Verfassung gewonnen habe. Die Hafenstadt am Pazifik ist die größte Stadt des Landes und das wirtschaftliche Herz Ecuadors.

Neue Verfassung ermöglicht Wiederwahl des Präsidenten
Die neue Verfassung sieht erstmals auch eine einmalige Wiederwahl des Präsidenten vor. Damit könnte Correa theoretisch bis 2017 regieren, wenn er die für Februar kommenden Jahres vorgesehenen Neuwahlen gewinnt. Bei den darauffolgenden regulären Wahlen im Jahre 2013 könnte er dann erneut für vier Jahre antreten, weil die ersten zwei Jahre seiner jetzigen Amtszeit nicht mitgerechnet werden sollen.

Mehr Macht für das Staatsoberhaupt
Der Staatschef erhält außerdem das Recht, das Parlament aufzulösen und statt der Zentralbank Finanz- und Währungspolitik zu bestimmen. Da der US-Dollar, der seit der Abschaffung der eigenen Währung Ecuadors im Jahre 2000 einziges offizielles Zahlungsmittel ist, in der neuen Verfassung nicht erwähnt wird, befürchtet die Wirtschaft eine Revision dieser Entscheidung. In den 444 Artikeln wird ferner auch ein "Respekt vor der Natur, ihres Erhalts und der Regeneration ihrer Lebenszyklen" vorgeschrieben und Biopiraterie verboten. Die Verfassung sieht weiters künftig ein kostenloses Gesundheitssystem und kostenlose Bildung sowie eine direktere Form der Demokratie durch Bürgerbeteiligung vor.

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