EU-Gipfel in Brüssel

Einigung auf strenge Finanzmarktaufsicht

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Der Entwurf kommt Großbritannien entgegen. Die Entscheidungen der EU-Finanaufsichtsbehörden dürfen nicht in die steuerliche Verantwortung der Mitgliedstaaten eingreifen.

Der EU-Gipfel der 27 Staats- und Regierungschefs hat sich am Donnerstag in Brüssel grundsätzlich auf eine strengere Finanzmarktaufsicht geeinigt. Am ersten Tag des zweitägigen Europäischen Rats konnten auch Finanzzusagen zum Klimaschutz fixiert werden. Und es zeichnet sich auch eine Einigung über die Nominierung von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso für eine zweite Amtszeit ab. Allein die Entscheidung über Zusagen für Irland wegen des bevorstehenden zweiten Referendums zum Lissabon-Vertrag wurde auf Freitag vertagt.

Was die strengere Finanzmarktaufsicht betrifft, gab es nach Angaben von Diplomaten eine "Klärung". Außenminister Michael Spindelegger (V) sagte, es gebe ein neues Papier, das auf einer Einigung Deutschlands, Frankreichs und Großbritanniens beruhe. "Man kann sagen, dass man einen Schritt in Richtung einer Lösung für diese Problematik gekommen ist und dass das morgen höchstwahrscheinlich auch eine Lösung sein wird, die der Rat beschließen kann." Es dürfe die grundsätzliche Frage nicht tangiert werden, dass das Finanzmarktaufsichtssystem künftig eine Krise verhindern solle.

Einwände GB berücksichtigt
Demnach dürfte der Einwand Großbritanniens weitgehend akzeptiert werden, wonach die geplanten neuen EU-Finanzaufsichtsbehörden nur unter bestimmten Bedingungen bindende Beschlüsse fällen dürfen. Entscheidungen dürften demnach auch nicht in die steuerliche Verantwortung der Mitgliedstaaten eingreifen. Die EU-Kommission soll spätestens im Herbst Gesetzesvorschläge vorlegen, damit der neue Aufsichtsrahmen noch 2010 in Kraft treten kann. Finanzminister und Vizekanzler Josef Pröll (V) hatte sich vor Beginn des Gipfels für eine "stärkere europäische Integration in der Finanzmarktkontrolle" ausgesprochen.

Zum Klimaschutz will die EU im Oktober über konkrete Finanzzusagen der Industrieländer an die Entwicklungs- und Schwellenländer Einigung erzielen. In einem Entwurf für die aktuelle EU-Gipfelerklärung heißt es, die EU-Kommission sollte "so schnell wie möglich Vorschläge machen, einschließlich zur Finanzierung". Die "entsprechenden Entscheidungen zu allen Aspekten der Finanzierung" sollen beim EU-Gipfel in Oktober getroffen werden. Der EU-interne Verteilungsschlüssel für die Finanzzusagen für die Kopenhagener Konferenz ist heftig umstritten. Die EU-Kommission schätzt, dass die Industrieländer bis 2020 rund 100 Milliarden Euro an Entwicklungsländer für Klimaschutzmaßnahmen zahlen müssen. Polen fordert, dass der EU-interne Verteilungsschlüssel nicht den CO2-Ausstoß, sondern nur die Wirtschaftsleistung berücksichtigt. Beim Klimaschutz will die EU laut dem Gipfelentwurf ihre "führende Rolle" und ihre Verpflichtung bekräftigen, bei einem neuen internationalen Abkommen bis 2020 30 Prozent der CO2-Emissionen gegenüber 1990 zu reduzieren.

Unterstützung für Barroso
Breiteste Unterstützung der EU-Staaten zeichnete sich für eine zweite Amtszeit von Barroso ab, wobei aber ungewiss bleibt, ob er auch die Zustimmung des Europaparlaments erhält. Bundeskanzler Werner Faymann (S) lobte Barroso am Donnerstag in als "Mann des Ausgleichs". Er habe die Arbeit von Barroso "acht Monate genau verfolgt, und ich kann nicht ein Beispiel sagen, wo er sich nicht an Beschlüsse und klare politische Vorgaben des Rates oder des Parlaments gehalten hätte". Die tschechische EU-Ratspräsidentschaft will Barroso aber vorerst nur "politisch" nominieren, um den Gesprächen mit dem Europaparlament nicht vorzugreifen. Der scheidende EU-Parlamentspräsident Hans-Gert Pöttering plädierte dafür, Barroso gleich nach der Konstituierung des neuen Europaparlaments am 15. Juli zu wählen. Dies wäre ein "Signal der Stabilität". Die Europäischen Sozialdemokraten lehnen dies derzeit noch vehement ab und verweisen auf frühestens Ende August. Grüne und Liberale wiesen darauf hin, dass es nach jetzigem Stand keine Mehrheit für Barroso im EU-Parlament gibt.

Barroso selbst legte gegenüber den EU-Chefs die Grundzüge seines Programms für die nächsten fünf Jahre dar. Darin betonte er, "dass wir in Zeiten der Krise mehr denn je zuvor eine starke Europäische Union und eine starke Europäische Kommission brauchen".

Irland-Entscheidung blockiert
Noch keine Einigung gab es am Gipfel für die von Irland für eine zweite Volksabstimmung über den Lissabon-Reformvertrag verlangten EU-Zusagen zu Abtreibungsverbot, Steuerhoheit und militärischer Neutralität. Der britische Premierminister Gordon Brown blockierte dies zunächst. Offenbar befürchtet er, dass durch die Ratifizierung des Protokolls eine neuerliche innenpolitische Debatte über den Lissabon-Vertrag ausbrechen wird. Die konservative Opposition will das Vertragswerk mit allen Mitteln bekämpfen.

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