Rufmord-Affäre

Frankreichs Ex-Premier Villepin kommt vor den Kadi

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Dominique de Villepin wird vor Gericht gestellt: Frankreichs Ex-Premier muss sich wegen Rufmordes an Nicolas Sarkozy verantworten.

In Frankreich muss Ex-Premierminister Dominique de Villepin wegen einer Affäre um Rufmord am heutigen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy vor Gericht. Villepin wurde am Dienstagabend unter anderem wegen Beihilfe zur Verleumdung angeklagt. In dem Fall waren Sarkozy, weitere Politiker und Industriemanager 2004 durch gefälschte Dokumente in den Verdacht geraten, Schmiergelder aus einem Waffengeschäft erhalten zu haben. Sarkozy sah in der so genannten Clearstream-Affäre eine Intrige seines Rivalen Villepin, um ihn auf dem Weg zur Präsidentschaftskandidatur zu stoppen. Der Prozess soll kommendes Jahr stattfinden.

Sarkozy als Nebenkläger
Sarkozy tritt in dem Strafverfahren als Nebenkläger auf. Er wirft Villepin vor, als Außenminister die Weiterleitung der gefälschten Dokumente an die Justiz veranlasst und später als Innenminister entlastendes Material zurückgehalten zu haben. Konkret geht es um gefälschte Kontenlisten der Deutsche-Börse-Tochter Clearstream, auf denen Sarkozy auftauchte. Sie waren der Justiz zugespielt worden und schürten den Verdacht, dass bei einem Verkauf von Fregatten an Taiwan 1991 Schmiergelder an die angeblichen Kontenbesitzer gezahlt wurden.

Villepin wies die Vorwürfe gegen sich erneut zurück. "Nichts rechtfertigt diese Entscheidung", erklärte der 55-Jährige, der von 2005 bis zu Sarkozys Wahlsieg 2007 Regierungschef war. "Während der gesamten Ermittlungen wurde die Rechts- und Tatsachenwahrheit zu Gunsten einer einzigen zivilen Klägerpartei verdreht, die heute gleichzeitig Präsident der Republik ist." Die Justiz werde offenbar "instrumentalisiert".

Meinung geändert
Die Staatsanwaltschaft hatte eine Anklage gegen Villepin zunächst abgelehnt, ihre Meinung dann aber geändert, als die ermittelnden Untersuchungsrichter zusätzliche Belege für Villepins angebliche Schuld vorlegten. Ihm wird nun anders als von der Staatsanwaltschaft gefordert auch Beihilfe zum Gebrauch gefälschter Urkunden sowie Hehlerei von Diebesgut und erschlichener Unterlagen vorgeworfen.

Für den Chef der Zentrumspartei Modem, François Bayrou, haftet der Affäre "der schwere Geruch einer Begleichung alter Rechnungen" an. Villepin hatte sich lange Zeit selbst Hoffnungen auf eine Nachfolge des konservativen Präsidenten Jacques Chirac gemacht. Seine Jahre als Premier sind geprägt von einer tiefen Rivalität mit dem damaligen Innenminister Sarkozy. Dies ist aber nur ein Bereich der Clearstream-Affäre, die auch mit einem internen Machtkampf beim Airbus-Mutterkonzern EADS im Zusammenhang steht. So tauchte auf den Kontenlisten unter anderen der Name des damaligen Airbus-Vize-Präsidenten Philippe Delmas auf.

Eine zentrale Rolle in der Affäre spielt der ehemalige EADS-Vize-Chef Jean-Louis Gergorin, der die gefälschten Listen der Justiz zuspielte und nun mit Villepin vor Gericht muss. Dies gilt auch für drei weitere Beschuldigte: den ehemaligen EADS-Informatiker Imad Lahoud, der die Listen gefälscht haben soll; einen Bilanzprüfer der Unternehmensberatung Arthur Andersen, von dem die Original-Kontenübersichten stammen sollen; und einen Journalisten, der die Original-Listen an Lahoud weitergegeben haben soll.

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