Kambodscha

Früherer Chefideologe der Roten Khmer verhaftet

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In Kambodscha ist am Mittwoch der bisher höchstrangige Vertreter des Terrorregimes der Roten Khmer verhaftet worden.

Sicherheitskräfte holten den 82-Jährigen am Mittwoch aus seinem Haus im Dschungel nahe der thailändischen Grenze. Anschließend wurde die frühere rechte Hand des verstorbenen Diktators Pol Pot mit einem Hubschrauber in die Hauptstadt Phnom Penh geflogen, wo er noch am selben Tag über die Vorwürfe gegen ihn in Kenntnis gesetzt werden sollte. Nuon Chea ist der ranghöchste noch lebende Führer des von China unterstützten Terrorregimes, dem zwischen 1975 und 1979 rund zwei Millionen Menschen zum Opfer fielen. Das Pol-Pot-Regime wurde durch eine vietnamesische Militärintervention gestürzt.

Sondergericht
Dem aus 17 kambodschanischen und 13 von den Vereinten Nationen gestellten ausländischen Juristen bestehenden Sondergericht, vor dem sich Nuon Chea nun verantworten muss, sind enge Grenzen gesteckt. Angeklagt werden nur Spitzenvertreter des Regimes und keine ausländischen Unterstützer oder Mitwisser. Andernfalls hätte die Einsetzung des Tribunals im UNO-Sicherheitsrat an einem chinesischen Veto scheitern können.

Gesundheitlich angeschlagen
Der als "Bruder Nummer 2" bekannte Nuon Chea ist gesundheitlich stark angeschlagen. Laut einer Nachbarin zitterte er bei der Festnahme und konnte sich kaum auf den Beinen halten. Die Polizisten, die im frühen Morgengrauen kamen, hätten ihm beim Ankleiden helfen müssen. Nuon Cheas Sohn Nuon Say sagte, sein Vater sei auf die Festnahme vorbereitet gewesen. "Wir sind nicht froh, weil er für das Land gekämpft hat, aber am Ende seines Lebens wird er für schuldig befunden werden", prognostizierte Nuon Say.

Als enger Vertrauter von "Bruder Nummer 1" Pol Pot (eigentlich Saloth Sar) soll Nuon Chea maßgeblich für die Ausführung von dessen grausamer Politik verantwortlich gewesen sein. Nuon Chea hatte sich 1998 nach dem Tod Pol Pots im Rahmen einer Vereinbarung der Roten Khmer mit der Regierung ebenso wie Ex-Außenminister Ieng Sary sowie der Staatschef der Roten Khmer, Khieu Samphan, ergeben und lebte seither unbehelligt in einem bescheidenen Holzhaus in der Region Pailin im Westen. Der einstige Anwalt wies noch im Juli in einem AFP-Interview jegliche Verantwortung für die Gräueltaten zurück. Er sei nicht an der Tötung von Menschen beteiligt gewesen und kenne auch keine der Schuldigen. In dem Gespräch betonte er, er sei bereit, sich einem Prozess zu stellen.

Verhör- und Folterzentrum
Seine erste Angeklage erhob das Tribunal gegen den unter dem Namen Duch (Deuch) bekannten Leiter des berüchtigten Verhör- und Folterzentrums Tuol Sleng. Der seit 1999 in einem Militärgefängnis Inhaftierte, der eigentlich Kang Kek Ieu heißt, hat zahlreiche grausame Verbrechen gestanden. Der 65-Jährige war der bisher einzige Inhaftierte.

"Killing Fields"
Die von China unterstützten Roten Khmer herrschten mit brutaler Gewalt. Ihr Ziel war es, das südostasiatische Land in eine kollektivistische Agrargesellschaft umzuwandeln. Die Angehörigen der Intelligenz wurden systematisch ausgerottet. Wegen der unvorstellbaren Massaker bekam das geschundene Land den Beinamen "Killing Fields". Die vietnamesische Armee marschierte Ende 1978 in das Nachbarland ein, eroberte am 7. Jänner 1979 die Hauptstadt Phnom Penh und stürzte das Schreckensregime. Die Roten Khmer zogen sich daraufhin in den Dschungel zurück, behielten den UNO-Sitz und erhielten auch vom Westen Hilfe. Sie führten einen verlustreichen Untergrundkrieg gegen die Vietnamesen und das mit deren Hilfe installierte Regime in Phnom Penh. Erst 1991 kam es zur Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens, das die Voraussetzung für eine UNO-Friedensoperation und demokratische Wahlen schuf.

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