Libanon

Große Anteilnahme an Ghanem-Begräbnis

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Tausende Menschen waren bei der Beerdigung des ermordeten Politikers. Drusenführer Joumblatt sieht Syrien hinter dem Anschlag.

Unter großer Anteilnahme der libanesischen Bevölkerung haben am Freitag die Trauerfeierlichkeiten für den ermordeten antisyrischen Parlamentsabgeordneten Antoine Ghanem begonnen. In der Hauptstadt Beirut wurde der Trauerzug von dem Drusenführer und Chef der zur Regierungsmehrheit gehörenden Sozialistischen Fortschrittspartei (PSP) Walid Joumblatt angeführt. Joumblatt beschuldigte Syrien, hinter dem Attentat auf den 64-jährigen Politiker der rechtsgerichteten christlichen Falange-Partei zu stecken. Die Trauernden wollten zeigen, dass sie sich nicht einschüchtern ließen. An dem Trauergottesdienst in der maronitischen Sacré-Coeur-Kirche nahmen auch Botschafter westlicher Staaten teil

Wahltermin bleibt
Die libanesische Regierung will auch nach dem jüngsten Mordanschlag auf einen antisyrischen Abgeordneten an der Wahl des neuen Staatspräsidenten durch das Parlament in der kommenden Woche festhalten. Ministerpräsident Fouad Siniora erklärte am Donnerstag in Beirut, das Land werde sich nicht dem Terror beugen. Die Einberufung des Parlaments, das am 25. September als Wahlkollegium zusammentreten soll, bleibe aufrecht, gab ein Kabinettssprecher bekannt. Die Amtszeit von Staatspräsident Emile Lahoud endet am 24. November.

Wichtige Wahl
Informationsminister Ghazi Aridi erklärte nach einer Sondersitzung des Ministerrates, die Präsidentenwahl werde zum festgelegten Zeitpunkt in Übereinstimmung mit den Verfassungsregeln durchgeführt. "Der Terrorismus bestärkt uns in unserer Entschlossenheit, den Sieg der Terroristen zu verhindern", so Aridi. Er verwies auf die Erklärung der maronitischen Bischöfe, wonach das "Schicksal der libanesischen Nation" von der Präsidentenwahl abhänge. Unter dem Vorsitz des Patriarchen Kardinal Nasrallah Boutros Sfeir hat die Bischofskonferenz an alle Parlamentsmitglieder eindringlich appelliert, die Wahl nicht zu boykottieren, denn der Libanon befinde sich "am Rande des Abgrunds". Die Maroniten als größte christliche Gemeinschaft stellen auf Grundlage des "Nationalpakts" von 1943, der den Konfessionsproporz festlegt, den libanesischen Staatspräsidenten.

Bush verurteilt Anschlag
US-Präsident George W. Bush verurteilte am Mittwoch in Washington den "feigen Anschlag" auf Antoine Ghanem, gleichzeitig warf er Syrien und dem Iran ein gezieltes Untergraben der Souveränität des Libanons vor. Der "entsetzliche Mord" füge sich in ein "tragisches Muster" von Attentaten gegen die Anhänger eines unabhängigen und demokratischen Libanons. Auch UN-Generalsekretär Ban Ki-moon verurteilte aufs Schärfste den Anschlag, der sich nur wenige Tage vor den Präsidentschaftswahlen ereignete.

Nächste Seite: Unterstützung von USA

Bush sagte den Libanesen Unterstützung im Kampf gegen Syrien, Iran und ihre Verbündeten zu, die den Libanon destabilisieren und seine Souveränität untergraben wollten. Versuche, die Libanesen an der Ausübung ihrer demokratischen Rechte bei der Wahl eines Präsidenten zu hindern, würden die USA nicht tolerieren, betonte Bush. US-Außenministerin Condoleezza Rice forderte in Jerusalem, die Wahlen im Libanon müssten ohne die "Drohung der äußeren Einmischung" und die damit einhergehende Gewalt stattfinden. Der Anschlag sei ein weiterer Akt einer "Terrorkampagne" mit dem Ziel, die Uhr im Libanon nach hart erkämpften demokratischen Fortschritten zurückzudrehen.

Syrien wies Verwicklung zurück
Syrien wies jegliche Verwicklung in den Anschlag zurück, die Regierung in Damaskus sprach von einem "kriminellen Akt". Bei dem Autobombenanschlag in einem von Christen bewohnten Viertel der Hauptstadt Beirut waren neben dem Syrien-Kritiker Ghanem fünf weitere Menschen getötet und mehr als 50 verletzt worden.

UNO-Generalsekretär Ban
Auch UNO-Generalsekretär Ban zeigte sich schockiert über die Ermordung Ghanems. Der "terroristische Angriff" ziele auf die Destabilisierung Libanons. Ban rief alle Bürger des Landes zur Fortsetzung des Dialogs auf. Der libanesische Ministerpräsident Fouad Siniora rief Ban auf, eine internationale Untersuchung des Anschlags einzuleiten. Der Parlamentarier ist seit der Ermordung des ehemaligen Ministerpräsidenten Rafik Hariri im Jahr 2005 bereits der achte anti-syrische Politiker, der einem Anschlag zum Opfer fällt.

Machtkampf
Nach dem Tod Ghanems sind von den 127 Abgeordneten des Beiruter Parlaments nun noch 68 der anti-syrischen Mehrheit zuzurechnen. Die Delegierten müssen ab dem 25. September über den Nachfolger des pro-syrischen Staatschefs Emile Lahoud entscheiden, dessen Mandat am 24. November abläuft. Bereits seit Monaten liefern sich die pro-westliche Regierung Sinioras und die pro-syrische Opposition einen erbitterten Machtkampf.

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