UN-Berichterstatter

Guantanamo ist nur "Spitze des Eisbergs"

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Der österreichische UN-Sonderberichterstatter für Folter, Universitätsprofessor Manfred Nowak, hält Geheimgefängnisse für noch schlimmer.

Das berüchtigte US-Gefangenenlager Guantánamo auf Kuba ist nach den Worten des österreichischen UN-Sonderberichterstatters für Folter, Universitätsprofessor Manfred Nowak, "die Spitze des Eisbergs". Noch inakzeptabler seien aber Geheimgefängnisse: "Schon die Tatsache, dass es Geheimgefängnisse gibt, ist das Verbrechen des erzwungenen Verschwindenlassens", erklärte der diesjährige Träger des Kreisky-Menschenrechtspreises und Leiter des Ludwig-Boltzmann-Instituts für Menschenrechte in einem Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Die Amerikaner, die immer in der Rolle waren, Menschenrechtsverletzungen in fremden Ländern anzusprechen, werden nun ständig auf ihre eigenen angesprochen. Guantánamo ist zu einem Symbol geworden."

Geheimgefängnisse noch schlimmer
Gefangene in Geheimgefängnissen seien "normalerweise stärkeren Foltermethoden ausgesetzt als in einem Gefängnis, wo zumindest das Rote Kreuz Zugang hat", betonte Nowak. "Ein wichtiger Schritt zu einer Lösung wäre hier, dass zumindest die europäischen Staaten nicht mehr kooperieren."

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"Ein Großteil der Häftlinge von Guantánamo sitzt dort nicht, um vor ein Gericht gestellt zu werden. Sie sind dort, weil man von ihnen Informationen haben will. Zweitens, sagen die USA, diese illegalen Kämpfer haben wir am Schlachtfeld des internationalen Terrorismus festgenommen und wenn wir sie ausließen, dann würden sie sofort wieder dorthin zurückkehren. Jetzt hat sich allerdings eine neue Dynamik entwickelt, in der derzeit an einer Lösung gearbeitet wird. Maßgebliche Kreise der US-Regierung sind an einer Schließung von Guantánamo und an der Freilassung des Großteils der Häftlinge interessiert. Aber wohin, wenn man sie nicht in ihre Herkunftsländer zurückbringen kann?", so der Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen. "Gewisse Häftlinge können einfach nicht nach Ägypten, China oder Usbekistan zurückgesandt werden, da dort das Risiko der Folter oder sonstiger schwerer Menschenrechtsverletzungen zu groß ist. Für 100 bis 200 Guantánamo-Häftlinge werden wir daher ein Drittland brauchen."

Argumente der USA nachvollziehbar
"Man kann schon das Argument der USA nachvollziehen, dass sie den Kampf gegen den Terrorismus nicht nur zum Schutz der USA führen. Insofern hat Europa eine größere Verantwortung, den Amerikanern beizustehen. Es ist ja schließlich dasselbe Europa, das zum Teil mit in den Irak gezogen ist. Und der Irak-Krieg hat nachweislich zu einer weiteren Schürung des Terrorismus beigetragen", hob Nowak in dem Interview hervor.

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