Überwiegend fanden die gewaltsamen Entführungen in West-Berlin statt.
Die DDR-Staatssicherheit hat nach einer Studie mehr als 400 Menschen aus dem Westen entführt oder in den Osten gelockt und dann an einer Rückreise gehindert. Es habe rund 100 gewaltsame Entführungen überwiegend aus West- nach Ost-Berlin gegeben, sagte die Historikerin Susanne Muhle. In den anderen Fällen seien Menschen aus Westdeutschland etwa mit dem Hinweis auf eine angebliche Erkrankung eines Verwandten in den Osten gelockt und festgehalten worden. Es habe sich um Angehörige westlicher Geheimdienste oder prominente Antikommunisten gehandelt.
Verschleppungen
"Die Zahlen beruhen auf Dokumenten der Polizei in
West-Berlin und eigenen Forschungen", sagte Muhle, die in Münster Geschichte
studiert hat. Sie habe sich im Rahmen ihrer Dissertation, die von der in
Berlin ansässigen Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur
unterstützt wurde, mit dem Thema beschäftigt. Die Arbeit solle Ende dieses
Jahres vorliegen. Der "Mitteldeutschen Zeitung" sagte die 29-Jährige, dass
es die meisten Verschleppungen in den 50er Jahren gegeben habe. In den 60er
Jahren sei die Zahl der Entführungen allmählich zurückgegangen.
Fall Linse
Einer der bekannten Entführungsfälle war die
Verschleppung von Walter Linse: Er hatte immer wieder gegen
Menschenrechtsverletzungen in der DDR protestiert, wurde 1952 in West-Berlin
entführt und später in der Sowjetunion hingerichtet.