Massiver Druck

"Ich trete zurück!"

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Der britische Premier hat am Donnerstag bekannt gegeben, dass er sein Amt binnen zwölf Monaten zurücklegt.

Der britische Premierminister Tony Blair wird innerhalb eines Jahres zurücktreten. "Der nächste Labour-Parteitag in einigen Wochen wird mein letzter als Parteiführer sein", sagte Blair am Donnerstag beim Besuch einer Schule in Nordlondon. Damit beendete er monatelange Spekulationen über seine politische Zukunft und gab dem immer stärkeren innerparteilichen Druck nach, einen Zeitplan für die Amtsübergabe zu nennen. Blair machte allerdings keine Angaben zum genauen Rücktrittsdatum und seinem möglichen Nachfolger.

"Ich werde kein genaues Datum nennen", betonte Blair vor Journalisten. Den Rücktrittstermin werde er "im Interesse des Landes" sowie "in Abhängigkeit von den Umständen" festlegen. Das Interesse des Landes müsse nämlich an erster Stelle stehen. In Anspielung auf die innerparteilichen Forderungen nach einem Zeitplan für seinen Rückzug meinte Blair: "Ich hätte es vorgezogen, es auf meine Art zu tun". Die nächste Labour-Konferenz findet Ende September statt, bis September 2007 muss somit ein Nachfolger für Blair gefunden sein. Der Führer der stärksten Parlamentspartei ist in Großbritannien traditionell Premierminister. Britische Medien hatten am Donnerstag berichtet, Blairs Rücktritt sei für Anfang Mai 2007 geplant, der Nachfolger solle im Juni gewählt werden.

Brown aussichtsreichster Kandidat
Über den Namen seines möglichen Nachfolgers verlor Blair kein Wort. Er richtete seiner Partei lediglich aus, in der Nachfolgediskussion könne man "die Öffentlichkeit nicht wie einen unbeteiligten Zuschauer behandeln". Als aussichtsreichster Bewerber für das Amt des Premierministers gilt seit Jahren Schatzkanzler Gordon Brown. Dieser hatte Blair im Vorfeld öffentlich Unterstützung für dessen Zeitplan zur Amtsübergabe zugesichert. Es könne nicht um "private Arrangements" bei der Amtsübergabe gehen, sondern nur darum, "was im besten Interesse unserer Partei und vor allem unseres Landes ist", sagte er am Donnerstag vor Journalisten.

Mit dem Rücktritt eines Staatssekretärs und von sieben Regierungsmitarbeitern hatte sich der parteiinterne Druck auf den Premierminister am Mittwoch massiv erhöht. In der seit zehn Jahren unter Blairs Führung regierenden Labour-Partei wuchs nämlich die Sorge über die immer geringere Popularität des Regierungschefs. Hintergrund sind eine Reihe von Regierungsskandalen sowie die Kritik in der Bevölkerung am Irak-Krieg und der britischen Haltung im Libanon-Konflikt.

Medien berichteten zudem über Meinungsverschiedenheiten zwischen Blair und seinem möglichen Nachfolger Brown. Bei Sitzungen am Mittwoch seien die beiden Politiker heftig aneinander geraten und hätten sich angeschrien, hieß es. Umweltminister David Miliband, ein loyaler Blair-Unterstützer, warnte vor den Folgen, falls kein glatter Übergang gelinge. "Wir brauchen mehr als einen reibungslosen Übergang zu Gordon Brown - wir brauchen einen vitalisierenden, erfrischenden Übergang zu Gordon Brown", zitierte das Magazin "New Statesman" Miliband am Donnerstag.

Blair selbst schon von zwei Jahren gesagt, er werde bei der spätestens 2010 anstehenden kommenden Parlamentswahl nicht mehr antreten. Hochrangige Regierungsmitglieder bemühten sich zuletzt bei Talk-Show-Auftritten, die überbordenden Spekulationen über einen bevorstehenden Rücktritt des Premiers einzudämmen. Am Donnerstag machten britische Zeitungen mit Schlagzeilen wie "Die Schlussphase" auf.

Torys: Labour in der "Kernschmelze"
Labour-Parteichef Hazel Blears warnte, falls es zu parteiinternen Streit komme, könne dies die Regierung für lange Zeit lähmen. In der Vergangenheit sei dadurch häufig die Auseinandersetzung mit den Konservativen in den Hintergrund gedrängt worden. Tory-Chef David Cameron sagte, die Labour-Partei befinde sich in der "Kernschmelze". Der erst im vergangenen Dezember gewählte Oppositionsführer liegt in den Meinungsumfragen seit Monaten weit vor Blair.

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