Schwere Verstimmung

Israel droht dem Vatikan

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Der Holocaust-Skandal weitet sich aus: Jetzt droht auch Israel mit dem Abbruch der Beziehungen zum Vatikan.

Der israelische Religionsminister Yitzhak Cohen hat dem Vatikan wegen der Aufhebung der Exkommunikation des britischen Traditionalisten-Bischofs und Holocaust-Leugners Richard Williamson mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen gedroht. Wie das deutsche Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner am Montag erscheinenden Ausgabe schreibt, sagte Cohen, er empfehle, "die Verbindungen mit einer Körperschaft, in der Holocaust-Leugner und Antisemiten Mitglied sind, vollständig abzubrechen".

Beziehungen erst seit 1994
Der Heilige Stuhl hatte erst 1994 diplomatische Beziehungen mit dem Staat Israel und gleichzeitig offizielle Beziehungen mit der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) aufgenommen. Das israelische Großrabbinat hat aus Protest gegen die Aufhebung der Exkommunikation Williamsons durch Papst Benedikt XVI. die Beziehungen zum Vatikan abgebrochen. Der Papst hatte vor einer Woche die 1988 von seinem Vorgänger Johannes Paul II. gegen vier traditionalistische Bischöfen der Bruderschaft St. Pius X. des verstorbenen französischen Erzbischofs Marcel Lefebvre verhängte Exkommunikation annulliert. Gleichzeitig wurde bekannt, dass Williamson während eines Deutschland-Aufenthalts in einem Interview mit dem schwedischen Fernsehen geäußert hatte: "Ich denke, dass 200.000 bis 300.000 Juden in den Konzentrationslagern gestorben sind, aber nicht ein einziger von ihnen in Gaskammern".

Williamson nahm Äußerungen nicht zurück
Williamson hat sich inzwischen für den von ihm ausgelösten "Sturm" entschuldigt, seine Äußerungen zum Holocaust aber nicht zurückgenommen. Sein am Freitag veröffentlichtes Schreiben, das an den kolumbianischen Kurienkardinal Dario Castrillon Hoyos gerichtet ist, endet mit einem Bibelzitat aus dem Alten Testament: "Jonas sagte: 'Werft mich ins Meer, dann wird es sich beruhigen. Ich weiß, dass dieser Sturm nur meinetwegen über euch gekommen ist'." (Jonas, 1,12).

"Unverzeihlich"
Salomon Korn, Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, sagte dem "Spiegel", mit der Rehabilitierung von Bischof Williamson "einen Holocaust-Leugner gesellschaftsfähig gemacht" zu haben, sei "unverzeihlich". Dies zeige, dass der Papst "die Versöhnung mit den Juden, die seine Vorgänger vorangebracht haben, infrage stellt". Israel Meir Lau, ehemaliger aschkenasischer Großrabbiner von Israel und Überlebender des Konzentrationslagers Buchenwald, fragt im "Spiegel": "Wie kann ein solcher Lügner den Schutz und die Rehabilitierung des Führers der katholischen Kirche bekommen?"

Der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch, Vorsitzender der deutschen Bischofskonferenz, betonte gegenüber dem Magazin: "Weder für Antisemitismus noch für die Leugnung des Holocaust gibt es Platz in der katholischen Kirche." Der deutsche Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) zeigte Verständnis für die "Irritation und Betroffenheit der jüdischen Gemeinde". "Solche Äußerungen und Vorkommnisse gefährden den vom heutigen Papst und seinen Vorgängern ausdrücklich für unverzichtbar erklärten Dialog mit den jüdischen Organisationen", sagte Lammert dem "Spiegel".

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