Offene Fragen

Kann man Guantánamo einfach schließen?

Teilen

Viele Fragen zur Schließung des Gefangenenlagers sind noch offen. So etwa was mit den Häftlingen passieren soll?

Das US-Gefangenenlager auf dem Marinestützpunkt Guantánamo Bay auf Kuba ist das bekannteste und umstrittenste Anti-Terror-Gefängnis der Welt. Es gilt als Symbol für Verstöße gegen die Menschenrechte im Feldzug des Ex-Präsidenten George W. Bush gegen den Terror. Der neue US-Präsident Barack Obama will das Lager innerhalb eines Jahres schließen - viele Fragen sind aber noch offen.

Warum wurde Guantánamo eingerichtet?
Die Bush-Regierung richtete das Lager nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 ein. Den Flottenstützpunkt im Osten Kubas unterhalten die USA seit 1903. Ein 28 Kilometer langer Grenzzaun mit 44 Wachtürmen trennt Guantánamo Bay vom Rest der kommunistischen Insel. Da es sich nicht auf dem Staatsgebiet der USA befindet, konnte Washington den Insassen grundlegende Rechte verwehren. Seit Anfang 2002 werden dort vor allem mutmaßliche Taliban- oder Al-Kaida-Mitglieder festgehalten und verhört. Insgesamt waren mehr als 750 Terrorverdächtige inhaftiert. Derzeit sind es noch 245. Die USA erhofften sich von ihnen auch Hinweise auf Pläne für neue Anschläge und den Verbleib anderer Islamisten.

Was passiert mit den Häftlingen nach einer Schließung?
Terrorverdächtige sollen zum amerikanischen Festland gebracht und vor reguläre Militär- oder US-Bundesgerichte gestellt werden. Was mit denjenigen geschieht, die freizulassen sind, ist unklar. Nach bisherigen Schätzungen gilt mindestens ein Fünftel - rund 50 Häftlinge - als unschuldig. Andere Angaben sprechen sogar von 100.   

Wer könnte Häftlinge aufnehmen?
US-Verteidigungsminister Robert Gates, der das Amt schon unter dem Republikaner Bush bekleidete und als Befürworter einer Guantánamo-Schließung gilt, sucht nach potenziellen Aufnahmeländern. Viele Länder sind der Meinung, Guantánamo sei in erster Linie ein amerikanisches Problem, das auch von den USA gelöst werden müsste. Zudem wird vor möglichen Gefahren durch die Ex-Guantánamo-Insassen gewarnt. Laut früheren Angaben des US-Verteidigungsministeriums haben sich 61 ehemalige Guantánamo-Gefangene nach ihrer Freilassung dem Terrorismus zugewandt.

Warum kann Obama das Lager nicht von heute auf morgen schließen?
Erst muss geklärt werden, was mit entlassenen Häftlingen passiert und wie und wo weiterhin Verdächtigen der Prozess gemacht werden kann. Dabei geht es auch um wichtige Sicherheitsfragen, wenn etwa mutmaßlichen Drahtziehern der Terroranschläge vom 11. September 2001 in den USA der Prozess gemacht werden würde. Als ersten Schritt hat Obama die Chefankläger des Verteidigungsministeriums angewiesen, bei den Militärrichtern in Guantánamo einen vorläufigen Stopp sämtlicher Terrorismus-Verfahren zu beantragen, da sie in einer juristischen Grauzone stattfinden. Binnen 120 Tagen soll nun die Frage der Prozesse geprüft werden.

Warum gibt es so viel Kritik an dem Lager?
Bush hatte betont, dass die Gefangenen keine Kriegsgefangenen, sondern "illegale Kämpfer" und "Mörder" seien. Mit dieser Begründung standen ihnen weniger Rechte zu als Kriegsgefangenen, die unter die Genfer Konventionen fallen. Zum Teil bis zu sieben Jahre saßen dort Terrorverdächtige, ohne einen Prozess zu bekommen. In den Sondergerichtsverfahren haben die Angeklagten deutlich weniger Rechte als in normalen Militärprozessen. Der Verdacht auf Folterungen - unter anderem zur Erpressung von Geständnissen - hat sich zuletzt erhärtet. Die Bush-Regierung hat den Einsatz von Folter lange bestritten, jüngst aber zunehmend offen eingestanden.

Was für Folter gab es?
Unter anderem wurde das "Waterboarding" angewandt. Dabei wird ein Ertränken des Gefangenen simuliert. Zu den legalen Verhörmethoden gehörten laute Musik, grelles Licht und Schlafentzug. Der saudi-arabische Häftling Mohammed al-Kahtani, dem eine Beteiligung an den Anschlägen vom 11. September 2001 vorgeworfen wird, soll gezwungen worden sein, sich nackt vor eine Ermittlerin zu stellen oder Damenunterwäsche zu tragen. Außerdem soll ein Militärhund auf ihn gehetzt worden sein.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.