Betrugs-Vorwurf

Karzai wehrt sich gegen zweiten Wahlgang

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Der Urnengang war "ehrlich und fair".

Der afghanische Staatschef Hamid Karzai hat die international kritisierte Präsidentschaftswahl als "ehrlich und fair" bezeichnet. Er werde keine zweite Runde akzeptieren, wenn es nur darum gehe, den massiven Betrugsvorwürfen Rechnung zu tragen, sagte er am Freitag dem US-Nachrichtensender CNN. Karzai reagierte damit auf die Einschätzung von EU-Wahlbeobachtern, 1,5 Millionen der insgesamt 5,6 Millionen Stimmzettel seien nicht regulär gewesen und müssten neu ausgezählt werden.

EU sieht Betrug
Nach der vorläufigen Endauszählung der afghanischen Wahlbehörde wurde Karzai am 20. August mit 54,6 Prozent wiedergewählt. Sein wichtigster Herausforderer, Abdullah Abdullah, kam auf 27,7 Prozent der Stimmen. Von den 1,5 Millionen von der EU angezweifelten Stimmen waren 1,1 Millionen für Karzai. Sollten diese nicht gewertet werden und Karzai seine absolute Mehrheit verlieren, wäre eine Stichwahl notwendig.

"Wir können nicht einen Fehler unterstellen und dann einen weiteren Fehler machen, um ihn zu korrigieren", sagte Karzai.

Veröffentlichung
Der Chef der EU-Wahlbeobachter urgierte die baldige Veröffentlichung eines akzeptablen Ergebnisses. "Die führenden Politiker der EU müssen Druck auf Hamid Karzai machen, damit es ein glaubhaftes Ergebnis gibt", sagte der französische General Philippe Morillon der Zeitung "Le Figaro". Die afghanische Bevölkerung, die den Mut gehabt habe, ihre Stimme abzugeben, dürfe nicht durch ein gefälschtes Ergebnis enttäuscht werden, forderte Morillon. "Die westlichen Staaten können sich auch nicht erlauben, ein gefälschtes Ergebnis zu billigen, wenn sich jeden Tag ihre Soldaten in Afghanistan engagieren."

Stichwahl gefordert
Der französische Außenminister Bernard Kouchner schloss nicht aus, dass es eine Stichwahl geben könnte. "Lassen wir die Wahlkommission ihre Arbeit tun. Wenn die Korrekturen Karzai unter die 50-Prozent-Schwelle bringen, dann muss es natürlich eine zweite Runde geben."

Tote Italiener
Nach dem schweren Selbstmordanschlag vom Donnerstag mit sechs toten italienischen Soldaten herrscht unterdessen Uneinigkeit in der römischen Regierungskoalition über die Zukunft der Afghanistan-Mission. Die Lega Nord fordert den sofortigen Abzug der 3.250 italienischen Soldaten, die im Krisenland stationiert sind. Außenminister Franco Frattini will dagegen an der Militärmission in Afghanistan festhalten und nur jene 500 Soldaten, die für die Wahlen zusätzlich entsendet worden sind, bis Weihnachten wieder nach Hause holen. Regierungschef Silvio Berlusconi wiederum bekräftigte am Freitag, dass Italien den Abzug seiner Soldaten überlege, dies müsse jedoch im Einklang mit den internationalen Partnern erfolgen.

Der Chef des US-Zentralkommandos für den Irak und Afghanistan, David Petraeus, hält einen Erfolg des Afghanistan-Einsatzes weiter für möglich. In einer Rede vor Sicherheitsexperten in London forderte Petraeus am Donnerstagabend aber ein "dauerhaftes, substanzielles Engagement". Die Taliban seien vor allem dort stärker geworden, wo es an afghanischen Sicherheitskräften fehle. Dabei profitierten die Rebellen von der Bewegungsfreiheit in den Grenzregionen.

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