Wahlsieg für Nasarbajew

Kasachstan-Wahl erneut undemokratisch

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Laut vorläufigem Ergebnis stimmten 80,74 Prozent für Nasarbajews Partei.

Bei der Parlamentswahl in der ölreichen Republik Kasachstan hat die Partei des autoritären Präsidenten Nursultan Nasarbajew 80,74 Prozent der Stimmen zugesprochen bekommen. Außer der Regierungskraft Nur Otan schafften erstmals zwei andere Parteien den Einzug ins Parlament des zentralasiatischen Landes. Das teilte die Wahlleitung nach Angaben der Agentur Tengrinews am Montag in der kasachischen Hauptstadt Astana mit. Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) kritisierte die Abstimmung in der Ex-Sowjetrepublik erneut als undemokratisch.

OSZE widerspricht
Die vorgezogene Abstimmung sei demokratisch gewesen, behauptete Nasarbajew. Die OSZE widersprach: Das Mitgliedsland Kasachstan habe die internationalen Standards, zu denen sich das Land verpflichtet habe, klar verfehlt. Als Beispiele nannte die Organisation das Recht auf freie Versammlung und der freien Berichterstattung in den Medien. Die Wahl sei unter kompletter Kontrolle der Machthaber abgelaufen.

Mehrere Oppositionsparteien und -politiker seien von der Wahl ausgeschlossen worden, kritisierten die OSZE-Wahlbeobachter. Sollte das Land ernsthaft an dem selbst erklärten Ziel zur Erhöhung der Zahl der Parteien im Parlament interessiert sein, hätten mehr Oppositionsparteien zur Wahl zugelassen werden müssen. Zudem habe es nur unzureichende Transparenz bei der Auszählung der Stimmen gegeben.

"Diese Wahl fand in einem äußerst reglementierten Umfeld statt", kritisierte OSZE-Vertreter Miklos Haraszti. "Wirklicher Pluralismus bedarf nicht einer derartigen Orchestrierung wie wir sie erlebt haben." Die OSZE hat noch nie eine Abstimmung in Kasachstan als frei und fair anerkannt.

Zwei neue Parteien im Parlament
Erstmals schafften auch zwei andere Parteien die Sieben-Prozent-Hürde für den Einzug ins Parlament: die staatstreue Wirtschaftspartei Ak Zhol (Heller Weg) mit 7,46 Prozent der Stimmen sowie die Kommunistische Volkspartei Kasachstans mit 7,2 Prozent. Insgesamt waren am Sonntag sieben Parteien zu den Wahlen angetreten. Die namensverwandte Nasarbajew-kritische Kommunistische Partei war nicht zur Abstimmung zugelassen. Die nach eigener Darstellung einzige wirkliche Oppositionspartei, die Sozialdemokraten, kamen auf 1,6 Prozent.

Der Grüne Nationalratsabgeordnete Karl Öllinger gewann wie viele andere Parlamentarier bei der Wahlbeobachtung in Astana ein sehr gemischtes Bild, wie er zur APA sagte. Am Sonntagvormittag habe er einen sehr guten Eindruck gewonnen, alles verlief ruhig und geordnet. Am Nachmittag hingegen wurde der Parlamentarier Zeuge von Ungereimtheiten. So befand sich eine Anzahl von Menschen in einem Wahllokal, die während der Präsenz der Wahlbeobachter das Weite suchten. Kaum waren diese weg, kehrten sie wieder zurück.

Massiver Wahlbetrug

Ein niederländischer Abgeordneter wurde am Sonntagabend Zeuge eines massiven Wahlbetrugs. Er wollte dem OSZE-Bericht nicht vorgreifen, sagte aber, dass in dem Wahllokal, wo er am Abend der Stimmenauszählung beiwohnte, um 400 Stimmen zu viel gezählt worden waren, das heißt, weit mehr, als Wahlberechtigte in den Wählerlisten eingetragen waren. Sowohl Öllinger als auch der niederländische Parlamentarier hatten in den besuchten Wahllokalen den Eindruck einer schwachen Wahlbeteiligung.

Bei der vorigen Parlamentswahl hatte Nur Otan (Strahlendes Vaterland) 88 Prozent der Stimmen zugesprochen bekommen und war bisher als einzige Partei im Abgeordnetenhaus vertreten. Die OSZE würdigte das Ziel, die Majilis mit 107 Abgeordneten anderen politischen Kräften zu öffnen.

Angeblich 75% Wahlbeteiligung
Die nach einer Änderung des Wahlgesetzes um sieben Monate vorgezogene Abstimmung sollte nach Angaben der Staatsführung ein Schritt in Richtung Demokratie sein. Die Wahlbeteiligung bei dem Urnengang am Sonntag wurde mit rund 75 Prozent angegeben.

Die oppositionellen Sozialdemokraten kündigten für diesen Dienstag eine Protestkundgebung in der größten Stadt Almaty an. Parteichef Bulat Abilow warf der Führung massive Wahlfälschungen vor. Die Opposition hatte nach der Wahl Betrugsvorwürfe erhoben. Demnach sollen beispielsweise Wähler in der Hauptstadt Astana und in Almaty, der größten Stadt des Landes, mehrfach ihre Stimme abgegeben haben.

Jubelchöre
Der bereits seit Sowjetzeiten amtierende Präsident Nasarbajew ließ sich unterdessen in Astana von Jugendlichen in T-Shirts seiner Partei mit Sprechchören feiern. "Die Kasachen haben der Partei wieder eine Carte Blanche erteilt, sie haben für unsere Einheit, für die Stabilität unseres Landes gestimmt", rief der 71-jährige Nasarbajew seinen Unterstützern zu.

Heftige Unruhen
Lange Zeit galt der seit mehr als 20 Jahren regierende Nasarbajew als Garant für Stabilität in der früheren Sowjetrepublik. Im vergangenen Jahr wurde dieses Bild jedoch erschüttert. In der Ölindustrie kam es zu heftigen Unruhen, bei denen mindestens 16 Menschen ums Leben kamen. Hunderte Arbeiter demonstrierten für höhere Löhne und gegen Entlassungen. Vor allem die Verteilung des Reichtums sorgte zuletzt in dem knapp 17 Millionen Einwohner zählenden Land für Kritik. Zudem hatten mehrere Terrorattentate den Steppenstaat erschüttert.

Kasachstan ist wegen seiner Rohstoffvorkommen relativ wohlhabend. Das Nachbarland von Russland hält drei Prozent der weltweiten Ölreserven. In den zwei Jahrzehnten seit der Unabhängigkeit lockte Kasachstan mehr als 120 Milliarden Dollar an Investitionsgeldern aus dem Ausland an.

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