Nachdem Präsidentschaftskandidatin Schwan auf Unterstützung der Linkspartei hofft, fordert Müntefering eine klare Distanzierung von dieser.
Der frühere Vizekanzler und SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hat seine Partei aufgefordert, eine Zusammenarbeit mit der Linkspartei nach der Bundestagswahl im kommenden Jahr per Beschluss kategorisch auszuschließen. Er gehe davon aus, dass es zwischen SPD und Linkspartei im Zusammenhang mit der Bundestagswahl 2009 definitiv keinerlei Zusammenarbeit geben werde, betonte Müntefering am Dienstag in der ARD.
"Es wäre sehr hilfreich, wenn meine Partei das auch noch einmal ausdrücklich beschließen würde", sagte Müntefering. Die Unterstützung von Wahlleuten der Linken für die SPD-Kandidatin Gesine Schwan bei der Bundespräsidenten-Wahl sei eine andere Sache. Jeder Wahlmann und jede Wahlfrau habe die freie Entscheidung, sagte der Ex-Vizekanzler.
Schwan hofft auf Hilfe der Linkspartei
Anders sieh dies Gesine
Schwan. Die deutsche Politologin sieht eine realistische Chance, bei der
Bundespräsidentenwahl im kommenden Jahr gegen Amtsinhaber Horst Köhler zu
gewinnen. "Ich wäre nicht angetreten, wenn es aussichtslos gewesen wäre",
sagte sie am Montag nach ihrer Nominierung durch die SPD-Spitze in Berlin.
Sie warb ausdrücklich auch um die Stimmen der Linkspartei. Sie wolle mit
ihrer Kandidatur diejenigen in der Linken ermutigen, die eine konstruktive
Politik anstreben.
Einstimmige Zustimmung der SPD
Die SPD hatte zuvor wie erwartet
offiziell und einstimmig die Hochschulpräsidentin Gesine Schwan als
Kandidatin für die deutsche Bundespräsidentenwahl gegen Amtsinhaber Horst
Köhler nominiert. Parteichef Kurt Beck sagte Montag, Präsidium und Vorstand
hätten die Aufstellung Schwans für die Wahl in knapp einem Jahr einstimmig
beschlossen. Die SPD werde aber keinen Wahlkampf gegen Köhler führen. Die
Aufstellung Schwans stehe in keiner Verbindung zu künftigen Koalitionen im
Bund, betonte Beck. Schwan könnte bei ihrer Wahl auf Stimmen der Linkspartei
angewiesen sein.
"Eklatanter Vertrauensbruch"
Von einem "eklatanten
Vertrauensbruch" sprach der bayerische Ministerpräsident Günther
Beckstein. Der CSU-Politiker sagte im Sender N24: "Das zerstört die
Basis einer Koalition." Viel komme in diesem Regierungsbündnis nicht
mehr zustande. 16 Monate Stillstand seien schlecht für das Land, sagte
Beckstein. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel ist wegen der Nominierung von
Schwan in Sorge um das Klima im Regierungsbündnis. Merkel habe deutlich
gemacht, dass durch die Entscheidung "das Koalitionsklima natürlich
belastet worden ist", sagte Regierungssprecher Ulrich Wilhelm am Montag
in Berlin. Ein Beleg dafür seien die unterschiedlichen Äußerungen in den
vergangenen Tagen, sagte er in Anspielung auf die scharfe Kritik am
SPD-Vorgehen aus CDU und CSU.
Neuwahlen gefordert
Die oppositionelle FDP plädiert wegen der
gegenwärtigen Querelen zwischen den Regierungsparteien SPD und CDU/CSU über
die Bundespräsidentenwahl im kommenden Jahr für die Vorverlegung der
Bundestagswahlen. "Ich bin der Ansicht, man sollte möglichst schnell
den Bundestag neu wählen, damit man klare Verhältnisse hat",
sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel am Montag im Sender MDR Info. Was
jetzt vor sich gehe, sei die Vorbereitung einer rot-rot-grünen Regierung auf
Bundesebene.
Schwan braucht Stimmen der Grünen und Linken
Die
Bundesversammlung kommt am 23. Mai 2009 zur Wahl des nächsten deutschen
Präsidenten zusammen. Vier Monate später findet die nächste Bundestagswahl
statt. Schwan kann sich nur Hoffnungen auf das Amt machen, wenn sie die
Unterstützung von Grünen und Linken bekommt. Derzeit haben Union und FDP,
die für eine weitere fünfjährige Amtszeit von Köhler sind, in der
Bundesversammlung eine Mehrheit. Dies könnte sich nach der Bayern-Wahl im
September allerdings ändern, wenn die CSU dabei massiv verliert.
Noch vor der Bekanntgabe ihrer Kandidatur musste sich Schwan wegen Vorwürfen der Spendenwerbung zur Wehr setzen. Nach einem Bericht des Magazins "Wirtschaftswoche" stellte sie dem Ulmer Pharmakonzern Ratiopharm gegen die Zahlung eines "nennenswerten Beitrags" an eine universitätsnahe Einrichtung Hilfe bei der Image-Verbesserung in Aussicht. Schwan erklärte dazu, es sei nur generell um die Befolgung "klarer ethischer Regeln im Pharmasektor" gegangen. Ein Honorar von 20.000 Euro für zwei Vorträge habe sie an ihre Universität abgeführt.
Grüne und Linke wollen sich erst nach der Landtagswahl in Bayern
festlegen
Linke-Fraktionschef Gregor Gysi sagte der Zeitung "Die
Welt" (Montag-Ausgabe): "Wenn die SPD will, dass wir Gesine Schwan
mitwählen, gehört es zum Grad der Zivilisation, dass sie mit uns redet.
Anders nicht." Die FDP warb weiter um Unterstützung für Köhler. Die NPD
beschloss, zusammen mit der ebenfalls als rechtsextrem geltenden DVU einen
Kandidaten aufzustellen.