Südafghanistan

Mutmaßlicher Taliban-Chef getötet

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Nach der Besetzung einer Bezirkshauptstadt in Süd-Afghanistan durch die Taliban hat die ISAF-Truppe den mutmaßlichen Anführer des Vorstoßes getötet.

Der Jeep des Mannes sei weniger als fünf Kilometer von Musa Kala entfernt im gleichnamigen Bezirk gezielt aus der Luft getroffen worden, teilte ein Sprecher der NATO-geführten internationalen Militärmission mit. Nach einem Rückzug der Briten waren die Taliban am Donnerstag nach Musa Kala vorgerückt. In Kabul übernahmen unterdessen die USA das Kommando von Großbritannien über die 35.500 Mann starke ISAF.

Schlüsselfigur der Religionskrieger getötet
Laut ISAF war der getötete Taliban-Führer eine "Schlüsselfigur der Religionskrieger in der Region" und stand seit langem auf den Fahndungslisten. Er sei unmittelbar verantwortlich für die Besetzung von Musa Kala. Die Taliban hatten in der Bezirkshauptstadt in der Unruheprovinz Helmand am Freitag Regierungsgebäude besetzt und die Kontrolle übernommen.

Ein Polizeiangehöriger gab den Namen des getöteten Taliban mit Mullah Ghafur an. Nach Angaben des Innenministeriums in Kabul bereiten die Regierungstruppen unterstützt von der ISAF einen Plan vor, die Taliban wieder zu vertreiben. Hunderte Familien sind seit Freitag aus Angst vor Kämpfen in dem Bezirk auf der Flucht.

Vorzeige-Projekt gescheitert
Musa Kala wurde bis vor rund vier Monaten von britischen Truppen kontrolliert. Die Soldaten hatten sich zurückgezogen, nachdem örtliche Stammesführer sich verpflichtet hatten, selbst für Sicherheit zu sorgen. Die NATO hoffte damals, das Modell könne vielleicht in weiteren Teilen Afghanistans Schule machen. Die Provinz Helmand gilt als Hochburg der Taliban, die nach dem US-Einmarsch in Afghanistan 2001 aus der Regierung vertrieben wurden.

Kommando-Übergabe in Kabul
Im ISAF-Hauptquartier in Kabul übernahm unterdessen US-General Dan McNeill die Führung der internationalen Schutztruppe von dem Briten David Richards. Bei seiner Verabschiedung lobte Richards den Einsatz der NATO in Afghanistan als Erfolg. Die Taliban hätten in ihrem Kampf "jeden unerfreulichen Trick versucht", hätten aber "nicht ein einziges gesetztes Ziel erreicht".

Allerdings war das zurückliegende Jahr 2006 das bisher blutigste seit dem Sturz der Islamisten. 4.000 Menschen kamen im Vorjahr bei Kämpfen zwischen dem Militär und den Aufständischen ums Leben, darunter rund eintausend Zivilisten und 190 ausländische Soldaten. Immer häufiger wählten die Religionskämpfer Bombenanschläge und Selbstmordattentate als Mittel im Kampf.

Afghanistan-Einsatz darf nicht scheitern
NATO-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer warnte vor den Folgen eines Scheiterns des Afghanistan-Einsatzes. Sollte Afghanistan zusammenbrechen, könnte von dort der Terror in die westliche Welt getragen werden, sagte er der spanischen Zeitung "El Mundo" (Samstag-Ausgabe).

Deutsche Tornados vor Einsatz
In der Debatte über den Einsatz von deutschen Tornado-Jets zur Aufklärung in Afghanistan meldete sich der Vorsitzende der Linksfraktion, Oskar Lafontaine, zu Wort: "Die Bundesregierung ist drauf und dran, Deutschland direkt in den Krieg in Afghanistan hineinzuziehen", warnte er am Sonntag in Berlin. Wenn Verteidigungsminister Franz Josef Jung jetzt neben der Nutzung der Tornado-Zielaufklärung auch den Einsatz des Kommandos Spezialkräfte (KSK) bei der NATO-Frühjahrsoffensive im Süden Afghanistans ankündige, sei das nicht nur in höchstem Maße verantwortungslos, sondern widerspreche früheren Aussagen der Bundesregierung. "Dieser Kurs gefährdet das Leben deutscher Soldaten und holt den Terror ins Land."

Jung hatte der "Welt am Sonntag" auf die Frage, wann deutsche Soldaten im Süden Afghanistans in den Krieg ziehen, erklärt: "Gar nicht. Wir haben einen klaren Auftrag für den Norden Afghanistans und für Kabul." Der CDU-Politiker fügte aber hinzu, wenn im Süden Not am Mann sei, dann helfe die Bundeswehr auch in anderen Regionen. Das bisherige Bundestagsmandat erlaubt den Einsatz der deutschen Bundeswehr in Kabul und im vergleichsweise sicheren Norden Afghanistans. Ob es für einen Tornado-Einsatz, wie von den USA gefordert, eines neuen Mandats bedürfte, ist offen. Am Mittwoch will die deutsche Regierung entscheiden, ob sie der NATO deutsche Tornado-Aufklärer bereitstellt.

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