Neue Enzyklika

Papst fordert neue Weltautorität

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Kurz vor dem G-8-Gipfel hat der Papst eine neue Enzyklika vorgestellt. Darin wendet er sich gegen Liberalismus - und fordert eine "echte politische Weltautorität". Eine reformierte UNO könne diese verkörpern.

Papst Benedikt XVI. hat angesichts der weltumspannenden Wirtschaftskrise die Notwendigkeit von "global governance" eingemahnt. Wie laut Kathpress aus seiner am Dienstag veröffentlichten ersten Sozialenzyklika "Caritas in veritate" hervorgeht, setzt der Papst in diesem Zusammenhang auf eine entsprechend neugestaltete UNO. Notwendig sei eine "echte politische Weltautorität", so der Papst.

Sicherheit und Frieden
Nur diese könne der Wirtschaftskrise gegensteuern, zur weiteren Abrüstung beitragen, Sicherheit und Frieden gewährleisten, den Umweltschutz fördern und die Migrationsströme steuern. Zugleich müsse sich eine solche Autorität an das Recht gebunden und den Prinzipien der Subsidiarität und Solidarität verpflichtet fühlen, mahnt der Papst. Zugleich plädiert Benedikt XVI. für eine humane und solidarische Gestaltung der Globalisierung. Dazu bedürfe es gerade angesichts der gegenwärtigen Finanz- und Wirtschaftskrise einer "Zivilisierung der Wirtschaft". Schwerpunkte der Enzyklika "Caritas in veritate" bilden die Themen Globalisierung, Entwicklung, Solidarität und Armutsbekämpfung.

Da die Bewältigung der derzeitigen Krise sowie die soziale Steuerung des Globalisierungsprozesses nicht von einzelnen Ländern allein geleistet werden kann, bedarf es laut Benedikt XVI. zum einen einer Reform der Vereinten Nationen sowie zum anderen einer einheitlichen Gestaltung der internationalen Wirtschafts- und Finanzsysteme. Papst Benedikt XVI. wörtlich: "Die ganzheitliche Entwicklung der Völker und die internationale Zusammenarbeit erfordern, dass eine übergeordnete Stufe internationaler Ordnung von subsidiärer Art für die Steuerung der Globalisierung errichtet wird und dass eine der moralischen Ordnung entsprechende Sozialordnung sowie jene Verbindung zwischen moralischem und sozialem Bereich, zwischen Politik und Wirtschaft, die schon in den Statuten der Vereinten Nationen dargelegt wurde, endlich verwirklicht werden".

Gott im öffentlichen Leben
Die Religionen seien in dieser Situation aufgefordert, ihren Beitrag zum Zusammenwachsen der Völker zu leisten. Dies sei jedoch nur möglich, so der Papst, "wenn Gott auch im öffentlichen Bereich Platz findet". Ein Ausschluss der Religion aus der Öffentlichkeit behindere die Begegnung der Menschen und lasse das öffentliche Leben verarmen und die Politik ein "unerträgliches und aggressives Gesicht" annehmen. Dabei gelte es zu beachten, dass Religionsfreiheit nicht bedeute, dass alle Religionen gleich sind, mahnte der Papst. Religionen müssten das "Kriterium der Liebe und der Wahrheit" erfüllen, da sie nur so auch zum Wohle der sozialen Gemeinschaft wirkten. Das Christentum, so der Papst, trage dieses Kriterium in sich.

Der heute den Pulsschlag der Welt bestimmende Globalisierungsprozess dürfe nicht auf den weltweiten Warenverkehr allein reduziert werden, sondern müsse als weltweiter Austausch einer "zunehmend untereinander verflochtenen Menschheitsfamilie" begriffen werden, betont Benedikt XVI. Als konkreten Ort dafür schlägt der Papst die Zivilgesellschaft bzw. das zivilgesellschaftliche Engagement vor. Neben den gewinnorientierten Unternehmungen müsse auch Platz für jene Unternehmen sein, die nach sozialen Zielen streben. Wo beide Formen zusammentreffen, so hofft Benedikt XVI., könne es zu einer "Zivilisierung der Wirtschaft" kommen. Eine Ausdehnung der reinen Marktlogik führe hingegen dazu, dass "die Solidarität in den Beziehungen zwischen den Bürgern, die Anteilnahme und die Beteiligung sowie die unentgeltliche Tätigkeit verloren" gehen.

Menschenfreundliche Ethik
Im Mittelpunkt des Fortschritts müssen stets der Mensch und seine ganzheitliche Entwicklung stehen, bekräftigt der Papst in der Enzyklika. Die menschliche Person sei "das erste zu schützende und zu nutzende Kapital". Die Wirtschaft brauche für ein korrektes Funktionieren eine menschenfreundliche Ethik. Die weltweite Vernetzung sei in sich weder gut noch schlecht, sondern werde zu dem, was die Menschen daraus machen.

Die Kirche habe zu Globalisierung und Wirtschaftskrise keine technischen Lösungen anzubieten, stellt der Papst klar. Aber sie habe eine "Mission der Wahrheit" zu erfüllen und setze sich zum Wohl der Menschen für Gerechtigkeit und Solidarität ein.

Die Finanz- und Wirtschaftskrise habe schwerwiegende Verzerrungen und Missstände erkennen lassen; sie erfordere Veränderungen und strukturelle Erneuerungen, unterstreicht Benedikt XVI. Die weltweite Ausbreitung des Wohlstands dürfe nicht durch egoistische Projekte gebremst werden. Ausschließliches Profitstreben laufe Gefahr, Vermögen zu zerstören und Armut zu schaffen.

Ernüchternd ist die Analyse des Papstes über die Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte: "Absolut gesehen nimmt der weltweite Reichtum zu, doch die Ungleichheiten vergrößern sich. In den reichen Ländern verarmen neue Gesellschaftsklassen, und es entstehen neue Formen der Armut". In ärmeren Regionen wachse der Kontrast zwischen konsumorientierter Überentwicklung einzelner Gruppen und dem Skandal ungeheuren Elends. Korruption und Illegalität gebe es in den alten und neuen reichen Ländern ebenso wie in den armen Ländern.

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