Hintergrund

Putin und Bush - Abschied am Schwarzen Meer

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Das "Abschieds-Gipfeltreffen" zwischen Wladimir Putin und George Bush soll nach de Willen beider Seiten zumindest einen kleinen Erfolg bringen.

Bis zur letzten Minute feilten Experten aus Washington und Moskau an einer Vereinbarung. Zum Abschiedsbesuch von US-Präsident George W. Bush bei Kremlchef Wladimir Putin in Sotschi am Schwarzen Meer sollte es doch noch ein gutes Signal für die russisch-amerikanischen Beziehungen geben. Aus ihren Äußerungen über den jeweils anderen lässt sich durchaus auf gegenseitige Sympathie schließen. Doch politisch haben sie sich in den vergangenen acht Jahren nichts geschenkt. Im Mai tritt erst Putin als Präsident ab, Bush dann Anfang 2009. "Reinen Tisch machen" und "Uhrenabgleich" lautete die Devise für Sotschi, um den Nachfolgern kein allzu schweres Erbe zu hinterlassen.

Treffen in Sochi auf Bush's Wunsch
Bush hatte sich Putins Sommerresidenz in dem Kurort zwischen dem Schwarzen Meer und dem Kaukasusgebirge für das letzte offizielle Treffen selbst ausgesucht: Seine Eltern besuchten das nach Stalins Tod gebaute Anwesen Botscharow Rutschej 2003 privat - und schwärmten. Im Gegenzug empfing die Familie Bush im Sommer 2007 den russischen Gast auf ihrem Sitz in Kennebunkport (US-Bundesstaat Maine). Auf dem "Hummergipfel" fuhren Bush und Putin auch Boot. Bush sollte sich nun ein Bild von den Vorbereitungen für die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi machen.

Bei vielen ihrer 23 persönlichen Begegnungen riefen sich Putin und Bush gern in der Öffentlichkeit Komplimente zu. Am vergangenen Dienstag in Kiew pries Bush seinen Freund als "stets starken Führer Russlands" - "Ich mag ihn". Doch bei aller Freundschaft - die politischen Beziehungen zwischen Moskau und Washington sind gespannt.

Raketenabwehr wichtigster Gesprächspunkt
Wichtigster Punkt in Sotschi ist der Streit um die geplante US-Raketenabwehr in Mitteleuropa. "Ob wir einen Durchbruch erzielen, wird man sehen", ließ Bush in Kiew wissen. Experten in Moskau und Washington sehen durchaus Chancen auf "irgendeine Form von Einigung". Schließlich unterstützte auch die NATO auf dem gerade beendeten Bukarester Gipfel die Pläne einer Raketenabwehr in Europa. Die Allianz bot Russland "vertrauensbildende Maßnahmen" an.

Washington und Moskau hatten sich in dem Konflikt auf Experten-und Ministerebene angenähert. "Es gibt Grund zu vorsichtigem Optimismus, dass es eine Einigung im Interesse aller Seiten gibt", sagte der Vizepräsident der russischen Akademie für Sicherheit, Verteidigung und Rechtsordnung, General-Oberst Viktor Jessin. Russland hatte stets deutlich gemacht, sich durch die geplanten Anlagen bedroht zu fühlen. Nach den jüngsten US-Vorschlägen könnte das in Tschechien geplante Radar technisch eingeschränkt werden. Die Raketensilos in Polen könnten erst bei einer nachweisbaren Gefahr möglicher Angriffe etwa aus dem Iran bestückt werden.

Vorsichtige Annäherung
Die Schärfe ist nach Meinung von Experten in Washington und Moskau dem Raketenabwehrstreit mittlerweile genommen. Auch Putin war auf dem NATO-Gipfel nach den Muskelspielen der Vergangenheit eher versöhnlich gestimmt, indem er dem Westen "Freundschaft" anbot. In Sotschi sollten sich Bush und Putin zudem auf "eine Art Fahrplan" für die Nachfolger einigen, damit in den russisch-amerikanischen Beziehungen keine Pause eintrete, sagte Putins Berater, Sergej Prichodko. US-Außenministerin Condoleezza Rice sprach von einem Dokument, das "die gesamte Breite und Tiefe der russisch-amerikanischen Beziehungen" aufzeigen solle.

Eisenbahntunel in Richtung Amerika?
Vor dem letzten Bush-Putin-Treffen wurden aber auch wieder Erwartungen ganz anderer Art laut. Die Präsidenten wollten eine schon zu Zarenzeiten ersonnene Verbindung ihrer beiden Staaten durch die Beringstraße in Alaska beschließen, wurde gemutmaßt. Medien spekulierten darüber, weil der reiche Gouverneur des Gebiets Tschukotka, Roman Abramowitsch, kürzlich bei dem südbadischen Maschinenbauer Herrenknecht den weltgrößten Tunnelbohrer bestellte. Ein Kremlsprecher kommentierte das Gerücht um den 42 Milliarden Euro teuren und 100 Kilometer langen Eisenbahntunnel in der "Sunday Times" zweideutig: Bush und Putin wollten in jedem Fall eine "Brücke" zwischen ihren Ländern bauen.

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