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Sarkozy reist wegen EU-Reformkrise nach Irland

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Etwa einen Monat nach dem Nein der Iren zum EU-Vertag reist Frankreichs Staatschef Nicolas Sarkozy nach Irland. Ziel ist ein Ausweg aus der EU-Krise.

Sarkozy will am Montag in Dublin mit dem irischen Regierungschef Brian Cowen und mit Vertretern der Opposition sprechen, um einen Ausweg aus der Reformkrise der EU zu finden.

Durchbruch wäre Sensation
Sarkozy hatte sich zu Wochenbeginn den Ärger der Iren zugezogen, als er in kleinem Kreise sagte, das Land werde noch einmal über den Vertrag von Lissabon abstimmen müssen. Bei seinem eintägigen Besuch wolle der Präsident den Iren aber nicht vorschreiben, was sie zu tun hätten, wurde in Paris betont. Ein Durchbruch bei den Gesprächen wäre trotzdem eine Sensation.

Irland ist der einzige der 27 EU-Staaten, in dem die Bevölkerung über den Reformvertrag abgestimmt hat. Rund 53 Prozent der Wähler sprachen sich am 12. Juni gegen das Vertragswerk aus und stürzten die Europäische Union damit in eine Krise. Denn damit der Vertrag in Kraft treten kann, müssen alle Mitgliedsländer zustimmen. Folglich werde Sarkozy sich jetzt erst einmal darum kümmern, dass alle anderen 26 Staaten den Vertrag von Lissabon ratifizieren, schätzt Philippe Moreau Desfarges vom Französischen Institut für Internationale Angelegenheiten. "Dann kann er zu den Iren gehen und ihnen sagen: 'Jetzt seid Ihr das Sorgenkind und müsst mitmachen.'"

Zuckerl für Irland
Um Irland mit ins Boot zu bekommen, könnte die französische Ratspräsidentschaft Zugeständnisse anbieten. Zum Beispiel, dass die EU-Kommission nicht verkleinert wird und die Regierung in Dublin auch weiter einen Kommissar nach Brüssel schicken darf. Der Vorschlag, alle 27 Kommissare beizubehalten, sei aber innerhalb der Union nicht abgestimmt, betonte ein EU-Diplomat. Im Gespräch waren auch bestimmte Sonderregelungen für Irland, etwa beim Abtreibungsrecht.

Vor allem aber müsse der Ratspräsident den Iren zunächst einmal "genau zuhören", bevor er ihnen Vorschläge mache, sagte der EU-Diplomat. "Es nützt nichts, die Iren mit Bonbons zu überschütten, wenn sie eigentlich Schokolade wollen." Etwas mehr Achtung fordert auch der Vier-Millionen-Einwohner-Staat selbst von Sarkozy: Der Ratsvorsitzende solle das Abstimmungsergebnis der Iren respektieren und bei seinem Besuch in Dublin "auf Zuhören schalten", verlangen führende Politiker wie Außenminister Micheal Martin.

Nachdenkliches Europa
Die Nachricht scheint bei Sarkozy angekommen zu sein. Europa werde nun erst einmal nachdenken, bevor Lösungsvorschläge auf den Tisch kämen, sagte sein Berater Henri Guaino. "Schlussendlich wird die irische Regierung entscheiden, was zu tun ist." Sarkozy selbst hatte vergangene Woche vor dem Europaparlament gesagt, dass er frühestens beim nächsten EU-Gipfeltreffen im Herbst einen Vorschlag zur Lösung der Reformkrise machen wolle.

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