Premier unter Beschuss

Sex-Skandal: Papst rügt Berlusconi

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Der Papst warnt vor einer "Schwächung ethischer Prinzipien".

Italiens skandalumwitterter Premierminister Silvio Berlusconi gerät wegen der Justizermittlungen politisch unter Druck, weigert sich aber hartnäckig, zurückzutreten. "Wir regieren weiter, sollten wir im Parlament unsere Reformen nicht durchbringen, wird es zu Neuwahlen kommen", sagte Berlusconi bei einer Ministerratsitzung am Freitag in Rom.

Von Wahlerfolg überzeugt
Der Premierminister zeigte sich überzeugt, dass er die Parlamentswahlen trotz des Vorwurfs des Amtsmissbrauchs und der Beihilfe zur Prostitution gewinnen könnte. Berlusconi versicherte, dass er seine Unschuld beweisen werden könne. Der "Fall Ruby" sei lediglich ein Komplott der Justizbehörden, um seine Regierung zu stürzen.

Anhörung verweigert
Die Rechtsanwälte Berlusconis teilten am Freitag mit, dass ihr Mandant nicht vor den Mailänder Staatsanwälten über die Sexaffäre berichten wird, die seit Tagen in Italien für Eklat sorgt. Die Staatsanwaltschaft hatte dem Premier die Wahl gegeben, zwischen dem heutigen Freitag und Sonntag auszusagen. Berlusconis Rechtsanwälte bestreiten die Zuständigkeit der Mailänder Staatsanwaltschaft für den Fall. Daher werde ihr Mandant nicht vor den Mailänder Ermittlern aussagen.

Die Ermittlungen beträfen Ereignisse, die sich in Berlusconis Privatresidenz in der Gemeinde Arcore abgespielt hätten. Für die Ortschaft sei die Staatsanwaltschaft der lombardischen Stadt Monza und nicht die Justizbehörden in Mailand zuständig. Die Mailänder Ermittler hätten daher nicht die Befugnis, in dem Fall zu ermitteln, behaupten Berlusconis Rechtsanwälte.

Escort Girl vernommen
Die Mailänder Ermittler vernahmen am Freitag das Escort Girl Nadia Macrí, die in einem TV-Interview über ein intimes Treffen mit dem Premierminister berichtet hatte. Die 28-Jährige versicherte, sie habe von Berlusconi 10.000 Euro für sexuelle Gefälligkeiten erhalten. Macris Behauptungen seien absolut haltlos, erwiderten Berlusconis Rechtsanwälte.

Die Frau berichtete, dass sie von einem Angestellten eines Fernsehsenders mit Berlusconi bekanntgemacht wurde. Später habe der Ministerpräsident und Medienunternehmer sie auf ihrem Mobiltelefon angerufen und sie zu einer Party in einer Villa auf Sardinien und zu einer weiteren Feier in Mailand eingeladen. Sie habe an zwei Partys teilgenommen, auf denen es nur so von ausländischen jungen Frauen - hauptsächlich aus Brasilien und Russland - gewimmelt habe. Sie glaube, viele der Frauen seien minderjährig gewesen, sagte sie.

Papst erinnert an "moralischen Grundkonsens"
Der Sexskandal um Berlusconi beschäftigt auch den Vatikan. Papst Benedikt XVI. warnte am Freitag vor einer Schwächung ethischer Prinzipien in der Öffentlichkeit. Während in Italien der Sexskandal um Berlusconi weiterhin für Eklat sorgt, erinnerte der Papst an einen "moralischen Grundkonsens". Wenn eine Gesellschaft diesen Konsens verliere, funktioniere sie nicht mehr ganz, so Benedikt in einer Audienz für römische Polizisten.

"Gefühl von Unsicherheit"
"Die vielen Veränderungen führen manchmal zu einem Gefühl von Unsicherheit. Das liegt in erster Linie an der schwierigen sozialen und wirtschaftlichen Lage; es wird aber auch verschärft vom Eindruck, dass die ethischen Prinzipien geschwächt sind, auf die sich das Recht und die moralische Haltung des Einzelnen stützt. Und diese sind es, die einem Gemeinwesen Stärke verleihen. In unserer Welt besteht der Eindruck, dass der moralische Konsens abnimmt und dass damit auch die grundlegenden Strukturen des Zusammenlebens nicht mehr voll funktionieren. Viele sind deswegen versucht, zu denken, dass es nicht möglich ist, die Zivilgesellschaft zu verteidigen", sagte der Papst.

Der vatikanische Staatssekretär, Kardinal Tarcisio Bertone, hatte am Donnerstag Stellung zu den Skandalen rund um Berlusconi genommen. "Der Heilige Stuhl verfolgt diese italienischen Angelegenheiten mit Aufmerksamkeit - und man kann sagen, mit Sorge. Angesichts der Probleme, die die italienische Gesellschaft hat, muss man alle Personen des öffentlichen Lebens dazu aufrufen, beispielgebend zu sein. Die Kirche ermutigt alle, die in Verwaltung, Politik oder Justiz Verantwortung tragen, sich für eine robustere Moral, für Gerechtigkeit und Legalität einzusetzen. Das sind die Angelpunkte für eine Gesellschaft, die positive Antworten auf die Probleme unserer Zeit geben will", so Bertone.

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