Lage eskaliert

Soldaten-Putsch auf Madagaskar

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Soldaten sollen mit Panzern in den Präsidentenpalast eingedrungen sein.

Auf Madagaskar haben am Montag mehrere Dutzend Soldaten einen unbewohnten Palast des Präsidenten Marc Ravalomanana besetzt. Der Staatschef hielt sich allerdings in einem anderen Palast auf. Ein Oberst, der den Handstreich anführte, sagte, es handle sich nicht um einen Angriff auf den Präsidenten. Seine Soldaten wollten lediglich das Gebäude sichern, vor dem es vor einigen Wochen zu tödlichen Zusammenstößen zwischen den Regierungstruppen und der Opposition gekommen war. Wenige Stunden vor der Besetzung des Palasts hatte Oppositionsführer Andry Rajoelina Streitkräfte und Polizei des Inselstaates aufgefordert, den Präsidenten zu verhaften.

Befehlsverweigerung
Eine Gruppe der Streitkräfte hat erklärt, keine Befehle des Präsidenten mehr zu befolgen. Sie hat sich bisher aber auch geweigert, sich hinter die Opposition zu stellen. Möglicherweise handelt es sich bei der "neuen Armee", die die Kontrolle über den Palast ergriff, um Mitglieder dieses Flügels.

Rajoelina wies ein vom Präsidenten vorgeschlagenes Referendum zur Lösung der Staatskrise mit den Worten zurück, die Bevölkerung habe bereits entschieden: "Nach unserer Auffassung ist die Volksabstimmung bereits erfolgt. Das Volk hat gesprochen. Es ist einer Meinung: Ravalomanana muss zurücktreten. Er hat keine Macht mehr." Ravalomanana seinerseits bekräftigte, dass er nicht zurücktreten werde.

In Addis Abeba erklärte der madagassische Botschafter bei der Afrikanischen Union (AU), Jean Pierre Rakotoarivona, Rajoelina unternehme einen Putschversuch und könnte vor Gericht gestellt werden. Sollte er schuldig gesprochen werden, dürfte er nicht mehr für ein politisches Amt kandidieren. Das von Ravalomanana vorgeschlagene Referendum werde in den nächsten drei Monaten stattfinden. Die Wähler würden gefragt, ob sie den Präsidenten unterstützten. Falls nicht, werde es eine Neuwahl geben.

Neuwahlen binnen zweier Jahren
Am Wochenende hatte sich Rajoelina zum Präsidenten einer Übergangsregierung erklärt und eine Neuwahl binnen zwei Jahren angekündigt. Der ehemalige Bürgermeister der Hauptstadt Antananarivo liefert sich seit Wochen einen erbitterten Machtkampf mit Ravalomanana, dem er die Verschwendung öffentlicher Mittel und die Gefährdung der Demokratie vorwirft. Außerdem macht er ihn verantwortlich für den tödlichen Polizeieinsatz gegen Demonstranten im Februar, bei dem 25 Anhänger der Opposition getötet wurden. Ravalomanana wies den Machtanspruch der Opposition jedoch zurück. Die Lage in dem vor Afrika gelegenen Inselstaat im Indischen Ozean war zuletzt äußerst angespannt.

Indes warnte die EU in Brüssel vor einer gewaltsamen Machtübernahme auf der Tropeninsel. "Wenn ein neuer Staats- oder Regierungschef mit einem Gewaltakt ins Amt gehoben wird gegen die Vorgaben der Verfassung, ist das natürlich ein Akt der Gewalt", sagte der Vorsitzende der EU-Außenminister, Tschechiens Ressortchef Karel Schwarzenberg, am Montag. "Eine solche Person wird von uns natürlich nicht als Gesprächspartner anerkannt." EU-Chefdiplomat Javier Solana ergänzte, die Union beobachte die Lage genau. Die EU werde in angemessener Weise reagieren.

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