Ex-Außenminister tot

Tschechien: Jiri Dienstbier gestorben

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Der Ex-Dissident zerschnitt 1989 mit Mock den "Eisernen Vorhang".

Der einstige tschechische Dissident und frühere tschechoslowakische Außenminister Jiri Dienstbier ist am Samstag im Alter von 73 Jahren gestorben. In Erinnerung blieb der Journalist und Politiker, der zuletzt im tschechischen Senat tätig war, vor allem als erster Außenminister in Prag nach dem Fall des Kommunismus 1989. Die Fotos, auf denen er im Dezember 1989 mit seinen österreichischen und deutschen Amtskollegen Alois Mock (ÖVP) und Hans-Dietrich Genscher den Stacheldraht des "Eisernen Vorhangs" symbolisch zerschnitt, gingen damals um die Welt.

Ausschluss aus der KP
Der am 20. April 1937 im mittelböhmischen Kladno westlich von Prag geborene Dienstbier absolvierte die Philosophische Fakultät der Prager Karlsuniversität. Er arbeitete als außenpolitischer Redakteur des Tschechoslowakischen Rundfunks, wobei er auch der Kommunistischen Partei beitrat. Nach dem Jahr 1968, als die Warschauer-Pakt-Invasion die Reformbewegung "Prager Frühling" niederschlug, wurde Dienstbier als "politisch unzuverlässig" aus der KP ausgeschlossen und verlor auch seine Arbeit beim Rundfunk.

Berufsverbot und Gefängnis
Bis zur Wende 1989 arbeitete er dann als Heizer und Nachtwächter - als Journalist durfte er in der Zeit der kommunistischen "Normalisierung" nicht tätig sein. 1977 war er einer der ersten Signatare der "Charta 77" und wurde auch zum Mitglied der Dissidenten-Organisation Ausschuss für die Verteidigung von ungerecht Verfolgten (VONS). Die Jahre 1979 bis 1982 verbrachte er im Gefängnis, nachdem er von der kommunistischen Justiz wegen "Untergrabung der Republik" verurteilt worden war.

Erster Außenminister nach "Samtener Revolution"
Nach der "Samtenen Revolution" 1989 wurde Dienstbier zum Außenminister der ersten nichtkommunistischen Regierung berufen. Den gleichen Posten bekleidete er in der ersten demokratisch gewählten Regierung des Landes 1990 bis 1992, in der er auch als Vizepremier amtierte. Mit Präsident Vaclav Havel und Dienstbier als Außenminister führte die Demokratiebewegung die Tschechoslowakei zurück in den westlichen Staatenverbund.

Wenig Erfolg mit Bürgerbewegung
In der höchsten Politik der Tschechoslowakei war Dienstbier bis 1992 aktiv. Damals verfehlte seine Bürgerbewegung (OH) bei der Parlamentswahl knapp die fünfprozentige Wahlhürde und konnte ins Parlament nicht einziehen. Danach versuchte er noch als Mitglied von kleineren, liberal orientierten Parteien Karriere zu machen, allerdings ohne Erfolg. Ergebnislos gingen 1996 und 2000 auch seine Bemühungen aus, Senator zu werden.

UNO-Sonderberichterstatter
Kurz tauchte er anschließend jedoch auf der internationalen Szene auf. 1998 wurde er zum UNO-Sonderberichterstatter für Menschenrechte im ehemaligen Jugoslawien ernannt und war auch als persönlicher Vertreter des damaligen Staatspräsidenten Havel für die Reform der UNO tätig. Im Zusammenhang mit Jugoslawien sorgte Dienstbier für Aufsehen, als er die NATO-Luftangriffe 1999 kritisierte.

Unter anderem sagte er, die ethnischen Säuberungen in Kosovo hätten erst nach der Bombardierung Jugoslawiens begonnen. Wegen seinen Aussagen zur Lage im Balkan wurde Dienstbier sowohl von Havel als auch seitens des damaligen Chefs der UNO-Zivilverwaltung in Kosovo, Bernard Kouchner, kritisiert.

Senator
Erst 2008 gelang Dienstbier ein Comeback in der Politik, als er als parteiloser Kandidat mit Unterstützung der Sozialdemokraten (CSSD) die Wahl in den tschechischen Senat gewann. Diesen Posten bekleidete er bis zu seinem Tod.

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