Schüler getötet

Tumulte vor Gericht in Griechenland

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Die zwei angeklagten Polizisten wiesen die Mordvorwürfe zurück.

Der Tod eines 15-jährigen Schülers durch eine Polizeikugel löste in Griechenland eine Welle der Gewalt aus: Am Freitag ist der Prozess gegen zwei Angeklagte mit teils tumultartigen Szenen fortgesetzt worden. Die zwei wegen des Todes eines Schülers angeklagten griechischen Polizisten wiesen die Mordvorwürfe vor Gericht zurück. Der Prozess begann unter schärfsten Sicherheitsvorkehrungen am Freitag in Amfissa.

Der Hauptangeklagte Epaminondas K. erklärte, der 15-jährige Alexandros Grigoropoulos sei nach einem Warnschuss von einem Querschläger getroffen worden. Der Tod des Jugendlichen löste im Dezember 2008 landesweite Unruhen aus. Aus Sorge vor neuerlichen Ausschreitungen wurde der Prozess in die Kleinstadt Amfissa verlegt, rund 200 Kilometer westlich von Athen. Eigentlich sollte die Hauptverhandlung bereits am Mittwoch beginnen, wurde aber um zwei Tage verschoben, weil einer der Verteidiger nicht anreisen konnte.

Mutter sagte aus
Den beiden angeklagten Polizisten werden Mord beziehungsweise Beihilfe zum Mord zur Last gelegt. Grigoropoulos war am 6. Dezember 2008 während eines Polizeieinsatzes in Athen von einer Kugel tödlich getroffen worden. "Ich übernehme keine Verantwortung für irgendjemands Tod", sagte der 39-jährige K., aus dessen Waffe der tödliche Schuss abgegeben worden war. Auch der mitangeklagte Vassilis S. beteuerte, er sei unschuldig, "und das werde ich beweisen". "Ich habe nichts zu tun mit den Handlungen meines Kollegen", sagte der 33-Jährige.

Am Freitag sagte auch die Mutter des Opfers aus. Zwischen dieser und den Verteidigern entbrannte eine stürmische Debatte, wie griechische Medien berichteten. Erst einschreitende Sicherheitskräfte hätten die aufgebrachten Gemüter in dem Gerichtssaal in der Kleinstadt Amfissa beruhigen können.

Ruhiger Charakter
Die Anwälte des Polizisten, der den Schüler am 6. Dezember 2008 in Athen erschossen hatte, gaben an, dass der 15-Jährige zusammen mit Hooligans an Ausschreitungen bei einem Wasserballspiel beteiligt gewesen sei. Die Mutter des Opfers unterbrach den Verteidiger lautstark und entgegnete, ihr Sohn habe nie etwas gegen die Polizei gehabt. "Im Gegenteil, mein Sohn empfand die Polizisten als Beschützer."

Ihr Sohn habe zudem einen völlig ruhiger Charakter gehabt, sagte die Frau weiter. Dagegen seien die Angeklagten - neben dem Todesschützen steht ein zweiter Polizist wegen Mittäterschaft vor Gericht - auf Streit aus gewesen. Ihr Sohn sei kaltblütig angeschossen worden. "Sie kehrten nicht zurück, um zu sehen wie es ihm geht und ihm zu helfen", sagte die Mutter - "als ob man eine Kakerlake zertreten hätte".

Verteidiger plädieren auf fahrlässige Tötung
Zu Beginn des zweiten Verhandlungstages wurde am Morgen die Anklage verlesen. Daraufhin sagte der Hauptangeklagte Epameinondas Korkoneas: "Ich will der Mutter und mir auch Mut zusprechen." Der 38-Jährige ergänzte: "Ich nehme den Tod eines Menschen nicht in Kauf."

Die Anklage wirft Korkoneas Mord vor, die Verteidiger plädieren auf fahrlässige Tötung. Der Polizist sei mit Flaschen beworfen worden und habe dann Warnschüsse in die Luft abgefeuert. Das Opfer sei von einem Querschläger getroffen worden. In der Anklage heißt es, der Polizist habe trotz Rückzugsbefehlen seiner Leitzentrale "in ruhiger Verfassung" die Pistole gezogen und zwei Schüsse in Richtung des Opfers abgefeuert. Eine Kugel soll den Schüler tödlich verletzt haben.

400 Polizisten im Einsatz
Der Fall war Auslöser einer Welle von Gewalt vor allem in Athen. Dutzende Geschäfte in der griechischen Hauptstadt wurden dabei von Vermummten zerstört, außerdem folgten Anschläge auf Polizeistationen und Banken. In der vergangenen Woche gab es einen Anschlag auf das Presseamt in Athen, zu dem sich nun eine Untergrundorganisation mit dem Namen "Revolutionäre Organisation 6. Dezember" bekannte.

Seit Montag sorgen mehr als 400 Polizisten für die Sicherheit in der 10 000-Einwohner-Stadt, rund drei Stunden Autofahrt entfernt von Athen. Der Prozess soll am Dienstag fortgesetzt werden. Juristen rechneten damit, dass er mehrere Monate dauern könnte.

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