EU drängt

UNO will weltweite Abschaffung der Todesstrafe

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Mehr als 80 Staaten unterstützen das Vorhaben. Über die Aussetzung bereits gefällter Urteile wird beraten. Die USA und China sind dagegen.

Mehr als 80 Länder wollen bei den Vereinten Nationen eine weltweite Abschaffung der Todesstrafe erreichen. Der UNO-Menschenrechtsausschuss beriet am Mittwoch über eine Resolution, nach der in einem ersten Schritt bereits gefällte Todesurteile ausgesetzt werden sollen. Der Vorschlag wird von allen EU-Ländern unterstützt. Für eine Annahme wären mindestens 97 der 192 Länderstimmen nötig. Am Donnerstag sollte weiter über zahlreiche Änderungsanträge diskutiert werden.

Will EU anderen Ländern eigenes Rechtssystem aufzwingen?
Die Gegner der Initiative warfen der EU zum Auftakt in teils scharfen Redebeiträgen vor, sie wolle ihr eigenes Rechtssystem den anderen Staaten aufzwingen. "Warum sollen die Europäer das Recht haben, uns allen zu sagen, was wir tun müssen?", sagte etwa der Vertreter Singapurs.

USA und China für Beibehaltung
Die Resolution wird allerdings nicht nur von der EU, sondern auch von zahlreichen Staaten rund um den Globus unterstützt. Offiziell brachte Gabun das Papier ein. Die fast gleichstarke Gruppe der Gegner wird von Singapur, Ägypten und Barbados angeführt. Auch China und die USA wollen an der Todesstrafe festhalten, hielten sich in der Debatte aber weitgehend zurück.

Todesstrafe noch in 66 Ländern
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation amnesty international (ai) gibt es die Todesstrafe noch in 66 Ländern. Dem Resolutionsentwurf zufolge sollen diese Staaten aufgefordert werden, "ein Moratorium für Exekutionen zu erlassen mit der Aussicht, die Todesstrafe abzuschaffen".

Rückfall in den Kolonialismus
Befürworter der Todesstrafe haben der Europäischen Union bei einer Debatte über das Hinrichtungs-Moratorium einen Rückfall in den Kolonialismus vorgeworfen. Die Europäer versuchten, anderen ihren Willen aufzuzwingen, sagte am Mittwoch der Vertreter Singapurs vor dem Ausschuss für Menschenrechte. "Diesen Wesenszug kennen wir von früher", erklärte Kevin Cheok.

Die meisten Staaten der Vollversammlung hätten jahrelang dagegen gekämpft. "Daher ist es ironisch, dass uns jetzt wieder gesagt wird, nur eine Sichtweise sei richtig und alle anderen Sichtweisen falsch." Botsuana zeigte sich besorgt, dass "einige in diesem Haus zu glauben scheinen, ihre politischen, kulturellen und juristischen Systeme seien besser als die der anderen".

Resolution nicht bindend
Der italienische UNO-Botschafter Marcello Spatafora wies die Anschuldigungen zurück. "Wir wollen keinen Streit anfangen", sagte er in einem hitzigen Wortgefecht mit Cheok. Die Resolution sei nicht bindend und werde von Vertretern aller Regionen unterstützt.

Bereits früher erfolgloser Versuch
Gegner der Todesstrafe hatten in den 90er Jahren zweimal erfolglos versucht, eine Mehrheit in der Versammlung für die Forderung nach einer sofortigen Abschaffung der Todesstrafe zu finden. Die jetzige Resolution spricht sich daher lediglich für eine Aussetzung aus. Der Löwenanteil der Hinrichtungen weltweit findet in China statt. Der kommunistische Staat ist mit dem Iran, dem Irak, den USA, Pakistan und dem Sudan für 90 Prozent aller Exekutionen verantwortlich.

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