90 Dollar/Nacht

US-Gefängnisse bitten Insassen zur Kasse

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Politiker wollen Steuerzahler entlasten indem Häftlinge für Kost und Logis zahlen.

Zelle für eine Nacht: 90 US-Dollar (63 Euro). Arztbesuch: zehn Dollar (7 Euro). Toilettenpapier: Bitte bezahlen! Die Suche nach neuen Einnahmequellen in schweren wirtschaftlichen Zeiten macht in den USA auch vor den Gefängnissen nicht halt. Die Häftlinge, so der Grundgedanke, sollen ihre Schuld nicht nur durch Freiheitsentzug begleichen, sondern in harter Währung.

Vorlage
Stattliche 90 Dollar (63 Euro) pro Tag würde der republikanische Abgeordnete James Tedisco den Häftlingen im US-Bundesstaat New York gerne in Rechnung stellen. So sieht es eine von ihm eingebrachte Vorlage vor, die den Spitznamen "Madoff Bill" trägt - benannt nach dem verurteilten Milliardenbetrüger Bernard Madoff. Wer es sich leisten könne, solle die Steuerzahler entlasten, die sich an die Gesetze hielten, umschreibt Tedisco die Idee, die seinem Vorschlag zugrunde liegt.

Initiativen
In anderen US-Staaten kursieren ähnliche Initiativen. Im Bezirk Maricopa in Arizona, zu dem die Stadt Phoenix gehört, kündigte Sheriff Joe Arpaio Anfang des Jahres an, den Häftlingen 1,25 Dollar (0,875 Euro) pro Tag für die Verpflegung zu berechnen. Seine Entscheidung war das Ergebnis monatelanger Proteste von Insassen, die sich über die schlechte Qualität des Essens beschwert hatten. Damals war von verdorbener Wurst und verschimmeltem Brot die Rede.

Im Gefängnis von Richmond im US-Bundesstaat Virginia hat man begonnen, die Häftlinge mit einem Dollar pro Tag zur Kasse zu bitten. Die Verwaltung erhofft sich Einnahmen von bis zu 200.000 Dollar (139.929 Euro) pro Jahr.

Kranke zahlen mehr
In New Jersey hat ein Abgeordneter einen Gesetzentwurf eingebracht, demzufolge Gefangene fünf Dollar (3,50 Euro) pro Tag für Kost und Logis zahlen sollen. Ein Aufenthalt auf der Krankenstation würde sogar mit zehn Dollar zu Buche schlagen. Die Maßnahme könnte Schätzungen zufolge bis zu 300.000 Dollar (209.893 Euro) pro Jahr einbringen.

Im Bezirk Des Moines in Iowa, wo in diesem Jahr ein Haushaltsloch von 1,7 Millionen Dollar (1,189 Mio. Euro) klafft, hatten Politiker eine besonders kuriose Idee: Hier sollten Häftlinge fürs Klopapier zahlen. Der Vorschlag erntete eine Menge Spott - und verschwand schließlich wieder in der Schublade.

Proteste
Amerikanische Bürgerrechtler sehen wenig Sinn darin, Straftätern ihren Gefängnisaufenthalt in Rechnung zu stellen. Die überwältigende Mehrheit der Häftlinge sei arm, gibt Elizabeth Alexander von der American Civil Liberties Union (ACLU) zu bedenken. Daher könne mit derartigen Regelungen ohnehin nicht viel verdient werden. Es handle sich eher um politische Augenwischerei.

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