Holocaust-Affäre

Vatikan hält weitere Klarstellung des Papstes für unnötig

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Die deutsche Kanzlerin forderte eine Klarstellung vom Papst im Fall Williamson, der Vatikan hat die Forderung zurückgewiesen.

Der Vatikan hat die Forderung der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel nach einer Klarstellung im Zusammenhang mit dem britischen Holocaust-Leugner Richard Williamson zurückgewiesen. Eine solche Klarstellung sei unangebracht, sagte Vatikan-Sprecher Federico Lombardi am Dienstag in Rom. Die Verurteilung jeder Holocaust-Leugnung durch Papst Benedikt XVI. hätte "nicht klarer sein können". In einer ungewöhnlichen Reaktion auf die strittige Rücknahme einer Kirchenstrafe für den britischen Erzbischof Williamson hatte Merkel zuvor erklärt: "Es geht darum, dass vonseiten des Papstes und des Vatikans sehr eindeutig klargestellt wird, dass es hier keine Leugnung geben kann." Dies sei aus ihrer Sicht "noch nicht ausreichend erfolgt".

Papst hatte "volle Solidarität mit Juden" erklärt
Der aus Bayern stammende Papst hatte am vergangenen Mittwoch nach der Aufhebung der Exkommunikation von vier traditionalistischen Bischöfen, darunter Williamson, nachdrücklich seine "volle Solidarität" mit den Juden erklärt und sich von einer Leugnung der Judenvernichtung distanziert. Benedikt habe sich eindeutig auch auf die Sichtweise des Traditionalisten Williamson bezogen, sagte Lombardi. Zudem habe der Papst klargemacht, dass die Zurücknahme der Exkommunikation nicht bedeute, dass damit die Holocaust-Leugnung legitimiert werde. Begrüßt wurde Merkels Intervention dagegen von dem Tübinger Theologen Hans Küng und der "Initiative Kirche von unten".

"Vergiftung gegen die Versöhnung"
Die Teilrehabilitierung der Bruderschaft sei "ein Signal für die Vergiftung und gegen die Versöhnung", kritisierte der Vizepräsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Dieter Graumann, den Vatikan. Benedikt XVI. müsse diese Entscheidung "klar und unzweideutig zurücknehmen", sagte er dem Nachrichtensender n-tv. Neben der Holocaust-Leugnung müsse auch bedacht werden, dass die traditionalistische Piusbruderschaft fundamentalistisch, antisemitisch und reaktionär sei, sagte Graumann. Zentralrats-Generalsekretär Stephan Kramer begrüßte in der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" ausdrücklich gegrüßt, dass sich und wie sich Kanzlerin Merkel in die Debatte eingeschaltet hat.

Ermittlungen gegen Williamson laufen
Wie bild.de berichtet ermittelt nun die Staatsanwaltschaft Regensburg gegen den Skandal-Bischof wegen Volksverhetzung. Auslöser ist das im schwedischen Fernsehen ausgestrahlte Interview, in dem Williamson den Holocaust leugnet.

Lesen Sie hier Willamsons umstrittenste Aussagen

Korrektur der Papst-Entscheidung gefordert
Der Berliner Erzbischof, Georg Kardinal Sterzinsky, fordert eine Korrektur der Papst-Entscheidung zu Williamson. "Dass sie überprüft wird, das muss, glaube ich, sofort angekündigt werden. Dass es bei ihr bleiben könnte, der Eindruck darf nicht entstehen", sagte Sterzinsky auf Deutsche Welle TV.

"Es sind mit Sicherheit Fehler im Management der Kurie gemacht worden", sagte der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper in einem Interview von Radio Vatikan. Die Kritik an der Entscheidung des Papstes nimmt auch in der katholischen Kirche weiter zu. In seiner Gemeinde herrsche viel Unmut über das Vorgehen des Vatikans, sagte der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode dem Sender NDR info.

Warten auf "unmissversändliche Reaktion" des Papstes
Die "Initiative Kirche von unten" unterstützte die Forderung der Bundeskanzlerin. "Seit Tagen wartet alle Welt angesichts des Skandals um die Rehabilitierung der rechtsextremen und antisemitischen Piusbruderschaft auf eine unmissverständliche Reaktion des Papstes", erklärte die kirchenkritische Gruppe am Dienstag in Bonn. Auch der Tübinger Theologe Hans Küng begrüßte die Intervention Merkels. "Es ist sehr gut, wenn sich die Bundeskanzlerin in der Frage äußert", sagte Küng der "Financial Times Deutschland" (Mittwoch-Ausgabe). "Wenn ein deutscher Papst einen solchen katastrophalen Fehler macht, fällt das auch auf die Deutschen zurück. Vor allem in einer so sensiblen Frage wie zu den Juden."

Foto: (c) Reuters

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